Dienstag, 4. Oktober 2011

was nützt der beste Koch...


Ach wie gut könnten manche Restaurants sein, wenn es nur auf den Koch ankäme! Gut, manche sind genau deswegen eine Katastrophe aber in anderen kann er auch mit Sterne-Küche den Service nicht mehr rausreissen: ...ein kurzer Erfahrungsbericht eines (leider unbezahlten) Restaurant-Testers.

Geburtstagsessen in einer "Pastorei", was in Holland wohl einem umgebauten Pfarrhaus entspricht. Entsprechende angenehme Atmosphäre, die durch das Gemäuer von außen verbreitet wird.

Wir hatten einen Tisch für vier Personen reserviert und kommen herein. Nach Begrüßung durch den Kellner dann zunächst ratlose Blicke, wo man uns denn unterbringen könnte. Der eine von zwei Räumen ist voll und so fängt man an, für uns einen Tisch im zweiten Raum einzudecken. Dort sind wir die einzigen Gäste und obwohl der Raum angenehm vom Eindruck ist (Kamin, dunkle Dachbalken, alte Möbel), wirkt er daher etwas kühl.
Aber gut, nachdem man also geschafft hat uns unterzubringen entschuldigt sich der Ober (hinterher erfahren wir, daß er einer der beiden Besitzer ist) für die nur in holländisch gedruckte Speisekarte: man könne aber gerne fragen!
Hallo? Entweder ich drucke als Restaurant 10 km hinter der holländischen Grenze die ganze (übersichtliche) Speisenfolge auch in Deutsch oder Englisch, oder ich übersetze die Sache einfach direkt am Tisch!
Das führte dann zu einem mehrmaligen Nachfragen von Vokabeln, was es mit und für vier Personen etwas schwieriger machte, den Überblick zu behalten.
Nach Bestellung von Aperitif kam erst einmal die Rückfrage der Kellnerin (insgesamt bediente uns mal diese, mal die zwei Besitzer) an mich: "hattest du einen w e i s s e n Martini"? O.k, waren wir uns also schon vertrauter als ich dachte.
Dann kam der Überblick über den gedeckten Tisch und die Frage an den Kellner, ob wir denn eventuell auch Servietten haben könnten. Diese Frage sollte einem Kellner - und noch besser: Besitzer - eines guten Restaurants eigentlich schon die Röte auf die Backen zaubern, falls sie nicht direkt dort liegen. In jedem Fall wäre aber eine Entschuldigung angebracht und nicht ein locker zugeworfenes "haben wir".
Nächster Punkt: auf dem Tisch wurde ein Teller mit Butter langsam weich. Auch hier die Nachfrage, ob denn zu der Butter eventuell auch Brot geplant sei? Darauf bekam jeder ein einzelnes Brötchen auf den Beistellteller (mit Zange). Dass es auch kein Salz und Pfeffer auf dem Tisch gab, machte die Sache dann nicht runder.
Insgesamt ergab sich so aus vielen Gesten und Blicken der Bedienung für uns der Eindruck, dass wir eigentlich gerne als zahlende, weniger gerne als "anspruchstellende" Gäste gesehen sind.

Dann aber konnte die Bedienung nicht mehr all zu viel falsch machen, denn der Koch (/die Küche) spielte seine Trümpfe aus. Und da muss man zur Ehrenrettung sagen, dass es eine Abfolge von 4 Gängen unterschiedlichster Art gab, die einfach S p i t z e waren! Von der Deko über den Geschmack bis zur Größe der Portionen gab es g a r nichts auszusetzen - Hut ab vor allen Mannschaften am Herd.

Der Fehler, der die Leistung der Küche dann wieder deutlich verblassen liess: es spielte ein Alleinunterhalter am Flügel. Dieser Mann gab sich, das sei ihm wohl positiv anzurechnen, Mühe, dass auch wirklich jeder ihn hörte. Das taten wir auch - und zwar (fast) nur noch ihn. Von dezentem Hintergrundgeplänkel keine Spur. "Tulpen aus Amsterdam", "An der schönen blauen Donau" - nichts war dem guten Mann fremd und er liess sich erst nach zwei von uns vorgetragenen Bitten an den Kellner etwas angesäuert in seinen Dezibel-Leistungen bremsen.

Letzter Gang: Käse. Auf die Frage, welchen es denn gäbe, kam ein wenig Überzeugendes: "verschiedene". Das gab wohl zu viele Falten auf der Stirn seiner Gäste und so zählte er dann mit leicht verdrehten Augen einige Namen auf und ging wieder.

Hinter den Kulissen hat er sich dann aber anscheinend noch einmal eines besseren besonnen und so kam er dann kurze Zeit später noch einmal zurück mit der detaillierteren Erklärung der einzelnen Sorten.

Auf den übliche Espresso und/oder Grappa o.ä. haben wir dann verzichtet - da wäre wieder zu viel Service und zu wenig Küche im Spiel gewesen - sonst vielleicht schon.

Eine Info an den Koch: Falls er sich wundert, dass eventuell manche Gäste nicht mehr wieder kommen - es liegt definitiv nicht an ihm! Weiter so!
Eine Info an die Bedienung: falls sie sich wundert, warum manche Gäste mehrmals kommen - es liegt ebenfalls nicht an ihm!