Montag, 27. Mai 2013

Bayreuth - ein Drama diesmal nur in zwei Akten



Ein Eklat erschütterte die Wagner-Fangemeinde dieses Jahr auf dem grünen Hügel in Bayreuth. 

Pünktlich zur vermeintlichen Eröffnungs-Vorstellung des „Rheingolds“ reisten unzählige Prominente letzten Samstag an. Alle kamen sie zum Auftakt der Festspiele in gewohnt festlicher Garderobe. Star-Dirigent Wladimir Esterhazy aus Cleveland, Ohio war der diesjährige Gefeierte, der den Ring rund machen sollte.
Welch ein Entsetzen aber dann im großen Saal: Man sah auf das Parkett – im wörtlichen Sinne.  Die Ticket Hotline „Meistersinger“ hatte vergessen, auch den Eigentümern der (wie immer seit Monaten ausverkauften) Logenplätze die von langer Hand geplanten Renovierungsarbeiten im Online Angebot rechtzeitig zu kommunizieren.
Das Bild zeigt die erschütterte Anhängerschaft um kurz vor acht abends. So konnte man Kommentare hören, die das Stimmungsbild mehr als eindeutig beschrieben.
Angela Merkel, Bundeskanzlerin: „Wir sitzen gut und werden abwarten, was der Abend noch bringt.“
Christian Wulff, Bundespräsident a.D.: „Nicht ganz so schlimm, die Karten waren geschenkt. Aber wer zahlt jetzt den Sprit zurück?“
Dieter Bohlen, Schlager-Mogul: „Zuerst wollte ich ein Spontan-Casting da vorne organisieren, aber dann fehlten doch die Werbekunden. Und für lauh…neeh, ne?“
Daniela Katzenberger, Showsternchen: „ Ich glaub, den Text hätte ich sowieso nicht verstanden. So konnte ich mich aber nochmal nachschminken und n´ bisschen durch Bayreuth ziehen.“
Thomas Gottschalk, unsterblicher Jungmoderator: „Mal was Neues: die Quote stimmt, aber die Show fehlt, hähähä…!“
Und so trafen sich hinterher viele Promis zu einer noch langen Nacht im Bayreuther Ratskeller, wo der Wirt Hans Hintermoser aus der Not eine Tugend machte und zumindest noch die warme Fleischwurst mit hausgemachtem Senf als „Ring“-Menü servierte. Zur (Götter-) Dämmerung kehrte man dann ins Hotel zurück.

Montag, 20. Mai 2013

Eines dieser perfekten Erlebnisse


Es gibt Träume, die man ewig lange träumt und nie realisiert, weil es einfach noch nicht so weit war. Wenn man dann mittendrin steht, sind sie vielleicht noch nicht einmal so gut, wie man sie sich Jahre lang vorgestellt hat. Deshalb habe ich dann auch manchmal Angst, sie erleben zu wollen.
Einen Traum kann man ewig vor sich her schieben, sich ausmalen, verbessern, sich vorstellen, wünschen. Aber ist es dann soweit und die Chance steht da, ist man vielleicht mehr damit beschäftigt, die Realität an den Traum anzupassen, als dass man die Realität geniessen kann. Sehr abstrakt, das Ganze, nicht? Werden wir konkreter.
Sei ewigen Zeiten ein Traum von mir: es verschlägt mich, warum auch immer, irgendwie nach Westen. Auf Dienstreise, als Städtereisender oder als Langfrist Touri. Man findet ihn nach dem Abendessen auf jeden Fall - vielleicht sogar zufällig oder auf Empfehlung eines wirklich guten Portiers: einen Jazzkeller in New York oder zum Beispiel Montreal.
Ich höre von draußen nichts, aber gehe rein, weil ich neugierig bin.  Einer dieser Keller, der mit Sicherheit auf keiner Marco Polo "Insider-Tips" Liste zu finden ist. Im Eingang die vergilbten schwarz weiss Bilder von Miles Davis, Ella, Woody Allen oder George Shearing, die mal da waren und kurz auf der Bühne gesessen oder vielleicht sogar gespielt haben. Keine gekauften Bilder, die in jedem Keller hängen sondern eben echt.
Innen kann man sitzen, dunkel, verqualmt, abgewrackt und nicht so ganz sauber, aber es gibt tolle Musik. Auf der winzigen, wackeligen Bühne ein Schwarzer, der verträumt an seiner Klarinette nuckelt, ein Schlagzeuger, der vor sich hin jazzbest, ein Klavier (kein Flügel, dafür ist es zu eng) und ein Bass...oder so.

Ich habe einen Platz vor der Bühne. Jeder sitzt vor der Bühne, der Laden ist winzig. An einem Holztisch (ohne Decke) auf einem dieser saubequemen Holzstühle, deren Lehne im Halbkreis hinten um einen herum gehen. Es gibt meinen Lieblings-Whisky (Glenkinchie, ohne Eis) und ein paar Oliven, die auch nach solchen schmecken. Erdnüsse gehen auch.
Die Musik ist so, dass man genauso gut zuhören wie seinen eigenen Gedanken nachgehen kann, weil sie nicht penetriert, sondern sehr angenehm "hintergrundet". Und die Jungs auf der Bühne machen einfach einen tollen Job.
Es kommt - so nach dem zweiten Glas - eine innere Stimmung auf, die einem sagt: pass auf, Junge, halt dich fest, das gibts nicht so oft. Und so möchte man den Abend auf endlos schalten. Geht nicht, schade. Aber ein Glas sollte noch sein. Und weil es eben so schön ist, gönnt man sich dann nach langem Entzug  auch mal wieder einen leichten Zigarillo.


Donnerstag, 16. Mai 2013

Komfort

Mercedes Benz 220 D 

Insidern als „Strich Achter (/8)“ bekannt. Mein Gott, was waren wir 1971 stolz! Der erste neu gekaufte Wagen für meinen Vater und wir beide holten ihn beim Mercedes Händler  in Aachen ab. AC-D 27, in Weiß, 60 PS – Diesel,  ich weiß es noch. Man strich fast andächtig über das Lenkrad, damals noch mit dem großen Chrombügel für die Hupe. Alle Schalter wurden einmal auf Funktion getestet und für gut befunden (natürlich – es war ja ein Mercedes!). Das ganze Handbuch gingen wir beide durch und  waren wahrscheinlich trotzdem in 20 Minuten fertig – inklusive des Nachsehens, wo der Reservereifen lag. Die Stationstasten (ja: Tasten! Nicht so fisselige Sensoren oder Display-Bildchen) im Blaupunkt Becker wurden mit den Sendern belegt (WDR und  DLF für meine Eltern, BFBS und AFN für mich. Das war deutsche Wertarbeit, da waren wir uns sicher. Aber ca. 20.000,- DM – mein Gott, ein Vermögen! Ich bekam zu der Zeit geschätzte 10,-DM Taschengeld im Monat, war dreizehn und durfte manchmal schon vom Beifahrersitz aus schalten. Was konnte da noch passieren!
Heute hat mein Handbuch ca. 350 Seiten, wovon die Hälfte dazu dient, mir zu erklären, wie ich alle Tasten in den Menüfolgen drücken muss, damit das Smartphone sich mit dem Auto-Telefon verbindet. Jedes Mal bei Sommer-/Winterzeitwechsel muss ich es wieder rauskramen weil ich mir nicht merken kann, wie ich die Uhr umstelle. Früher drehte man einfach am Rädchen und der Zeiger wanderte. Für den Preis des damaligen Mercedes mit Zusatzausstattung bekommt man heute einen VW Polo in der nacktest-möglichen Basisversion, wahrscheinlich  noch mit Notrad. Oder man investiert denselben Betrag nur in die Zusatzausstattung eines gestern neu vorgestellten S-Klasse-Modells. Dann hat man auch heizbare Armlehnen, Verkehrszeichen-Erkennung und Massagesitze "mit 14 separat ansteuerbaren Luftkissen und integrierter Wärmefunktion".  Ohne das kann man ja heute gar nicht mehr auftauchen, sonst ist man unten durch, meine Herren.
In weiteren 45 Jahren lacht man sich über diese Zeilen hier kaputt. Man macht nichts mehr selbst außer eventuell irgendeinem technischen Teil zu sagen, wo man hin will. Dann kommt es gefahren (korrigiere: geschwebt), man setzt sich rein und kann ab da Musik hören oder Filme sehen, bis man da ist. Handbücher stehen in Antiquariaten neben Smartphones. „Opa, damit konntet ihr euch früher wirklich unterhalten?“
Als eine schleichende Entmündigung unter dem Tarnbegriff "Komfort" empfinde ich das. Wir sollten aufpassen, dass man sich nicht alles abnehmen lässt. Wer kann noch mehr als fünf Telefonnummern auswendig? Da geht’s schon los. Für manche beginnt ja das Abenteuer heute schon beim Öl nachfüllen.


Dienstag, 14. Mai 2013

Zeit und Geld



Beide Themenbereiche werden oft gleich behandelt – wie falsch! Zeit ist Geld: ganz falsch!! Zeit sparen: geht kaum. Geld sparen: geht sehr wohl. Das als Einleitung.

Alles Denken beginnt schon mit dem Ursprung: Zeit „ist da“ bzw. hat jeder von uns – nicht unendlich, aber zunächst einmal (bei Geburt) genug. Das Bewusstsein darüber, dass die einem zur Verfügung stehende Zeit endlich ist, wächst erst mit den hoffentlich noch kommenden Jahren. Am deutlichsten kann ich es beobachten, in dem ich meine Geduld bei „Hotline“-Warteschleifen-Gedudel immer eher schwinden sehe.

Mittlerweile bekomme ich einen Schrecken, wenn ich schon wieder einen Monat an meinem Kalender abreiße. Was hast du diesen Monat, diese Woche, heute… eigentlich getan und mit deiner Zeit angefangen? Schon wieder Weihnachten: Schock! 

O.K., man kann „Zeit sparen“. Man fährt einen kürzeren Weg, ist daher eventuell schneller da und hat mehr Zeit für…? Für was? Ist es wichtig, in kürzerer Zeit mehr Arbeit geschafft zu bekommen als früher? Die Werbe Sing-sangs der Nachkriegszeit versprachen den noch nicht emanzipierten Hausfrauen beim Einsatz von Waschmaschinen zwei Stunden, bei Spülmaschinen eine Stunde, bei Staubsaugern eine halbe Stunde, bei Mixern zehn Minuten und bei Mikrowellen später nochmal eine halbe Stunde Zeitersparnis. Was hat die Dame damit angefangen? Hätte sie nicht ab da im getupften Kleid (BURDA-Schnittmuster) den halben Tag auf der Couch vor dem Nierentisch und der Tütenlampe sitzend die „Quick“ oder „Bunte“ lesen können, bis der abgekämpfte Gatte mit Hut und Aktenkoffer im ersten Opel Rekord aus dem Büro kam? Mitnichten. Hat sie nicht. Die Zeit war einfach weg.
Warum lässt man sich heute vom ständigen Strom der Klicks und Bimmeleien auf Laptops und Smartphones fesseln? Was verpasst man, wenn man die ach so wichtige SMS erst zwei Stunden später liest? Nichts. Die Information, dass das eigene Kind in den Händen terroristischer Einwanderer aus dem Sudan ist, gefesselt in einer Gletscherspalte in der Schweiz liegt und die Million morgen früh im Koffer auf einem Flugfeld in Mecklenburg  stehen soll, bekommt man sicher erstens selten (ich mangels Million schon gar nicht) und zweitens dann auch anders. Da besteht schon eine gewisse Bringschuld seitens der Sudanesen.

„Ich hab keine Zeit.“ Klar, wie auch. Als Kind ging man nach den Hausaufgaben raus und besuchte Hartwig oder Olaf zum Spielen – man konnte sicher sein, mindestens einer hatte Zeit und war da. Versuche, heute mit Freunden einen Termin für ein gemeinsames Essen, ein Billard-Spiel oder so im Kalender zu finden, werden zusehends mühseliger: „…mal sehen, was im Juli so geht.“
Zeit ist Geld. Ein Spruch, der oft gehört und selten wahr ist. Fällt bei mir in die Kategorie „Stramm behauptet ist halb bewiesen“.
Wo soll er stimmen? Wenn ich einen Handwerker bestelle, nimmt er dieselbe Summe, ob er zehn Minuten oder eine Dreiviertelstunde an meiner Waschmaschine schraubt. Der ernährt sich von seiner Anfahrts-Pauschale, vor allem, wenn der nächste Kunde zwei Häuser weiter wohnt und er dieselbe nochmal berechnen kann. Ich bin übrigens sicher, daß die erfolgreichsten Installations- und Elektrofirmen die mit einem Logistik-Fachmann in der Belegschaft sind, der auf der Basisi die optimalen Tagestouren berechnet.

Verdiene ich mehr Geld, wenn ich in meinem Job einen Kunden zum Thema Rente in einer halben Stunde anstatt  in zwei Stunden berate? Nein, oder wie der Holländer sagt: vice versa. Ich verliere ihn eher, wenn er sich oberflächlich behandelt fühlt.

Zeit ist Geld. Der einzige Punkt, an dem ich diesen Spruch erfüllt sehe: im Parkhaus. Ich habe mir übrigens geschworen, in meinem nächsten Leben kaufe ich ein Parkhaus – ein sichereres und leichteres Einkommen kann ich mir nicht vorstellen.

Apropos Einkommen: Sparen kann man  Geld. Aber auch da gilt – wie bei der Zeit: es macht nur Sinn, wenn es sinnvoll verwendet wird. Ein Plus auf dem Konto in Strafmandate, Handyversicherungen oder Bananenschneider von Tchibo zu investieren, macht überaus wenig Sinn. Für Reisen, Bücher und gutes Essen zahle ich dagegen gerne. Aber selbst wenn man mehr hat, ist es nicht immer mehr Wert. Siehe USA: irgendwann rollt die Inflation los, weil Mr. Bernanke und Konsorten seit Jahren so viel Öl auf die Gelddruck-Maschinen gegossen haben, dass sie irgendwann drauf ausrutschen.
Fazit aus meiner Sicht: was hier Sinn macht, ist ein Equilibrium. So, jetzt hab ich den Humanisten auch mal rausgelassen. Verdiene ich die Million, hab ich keine Zeit für mir wichtige Dinge (außer beim Parkhaus). Verdiene ich kein Geld, hab ich keine Zeit bzw. brauche sie, um die Banken wegen meines Kontostandes zu beruhigen. Dazu beim nächsten Mal.

Sonntag, 12. Mai 2013

Ein Photograph nimmt auf und zu


Finde den Fehler
Eine Konstellation, die anregt: draußen kann sich der Himmel nicht zwischen Sonne und Gießkanne entscheiden - im Kühlschrank liegen mehrere (selbstgemachte!) Frikadellen, für den Tatort ist es noch zu früh und ich wollte schon immer mal wieder versuchen, Essen so aufzunehmen, dass der Appetit kommt und nicht geht.

Gesagt, probiert.

Man nehme:
- ein Holzbrett (sozusagen für die rustikale Note)
- zwei Frikadellen
- Senf
- Kamera mit Stativ
- 18 - 105er Objektiv
- manuelle Schärfe

Zunächst sehen die Bilder aus wie Hasenküttel mit Mayo in einem Pathologie-Saal, was eindeutig am falschen Weissabgleich lag.
Dann komme ich auf den Trichter, die Frikas kurz in die Mikro zu stellen (von wegen dem Glanz oben drauf...). Sehr gefährlich, denn jetzt fangen sie an, sehr gut zu riechen...
Der Senf wandert in eine Gefriertüte, wird zugedreht und an der Spitze abgeschnitten. Jetzt kann man ihn schön spritzen und er erinnert an Sahne auf Schwarzwälder. Also eher doch die rustikale Variante, mit dem Löffel genommen.
Insgesamt schon ein nicht allzu schlechtes Abbild dieser wie wahrscheinlich schon mehrfach erwähnt sehr gut duftenden Teile.
Wenn ich jetzt eine vernünftige Beleuchtung hätte, könnte ich den Senf noch entblenden und den Schlagschatten der Frikas entkräften. Nun ja, vielleicht beim nächsten Mal. Auf jeden Fall sind sie lecker und jetzt weg!
V erbesserungsvorschläge werden gerne entgegen genommen.

Montag, 6. Mai 2013

Labskaus



Sonntagabend, irgendwann nach sechs. Ich komme nach Hause und war das Wochenende über aushäusig. Die bisherige Tagesration – außer Frühstück: eine Thüringer Rostbratwurst im Brötchen mit Senf für 2,-€ auf dem Flohmarkt an der Düsseldorfer Messe.  O.k., es war eigentlich eine 2/3 Wurst, da die Freundin auch bemerkte, dass die Wurst lecker aussah. Aber wir wollen mal nicht kleinlich werden.
 Außer mir kommt auch der Hunger. Ein Blick in den Kühlschrank zeigt, dass es mich heute wieder auf die experimentelle Seite des Kochens verschlagen wird. In so einer Situation muss ich immer an Labskaus denken. Irgendjemand sagte mir mal, dass man da in den Restaurants ab Bremen nordwärts  Ende der Woche alles reinpackt, was während der Werktage nicht wegging. Immerhin sieht das Gericht für mich auch so aus.
Patriotische Hanseaten werden jetzt energisch widersprechen und sofort ein Dutzend Chefkoch.de -  oder sonstige Rezepte als link einhängen. Was aber nicht nützt, da es für mich trotzdem so aussieht.

Nun also – als Bestandsaufnahme eignet sich:
-          eine grüne Paprika,
-          Zwiebeln,
-          Champignons,
-          eine Dose Bohnen in Tomatensoße,
-          Gewürze
-          Schafskäse
-          Sojasoße
-          3 Zucchini
-          Kein Fleisch
-          Eine halbe Flasche Trollinger
Und siehe da: Zwiebeln, Bohnen, Pilze und Paprika, etwas Sojasoße und ein paar Griffe ins Gewürzregal lassen so etwas wie ein Gericht in der Pfanne erscheinen. Und da gleich der Krimi anfängt, lasse ich den Rest für spätere Experimente im Kühlschrank. Es schmeckt – zusammen mit dem Trollinger – tatsächlich. 

Allerdings die Gesamtkonsistenz erinnerte irgendwie an...hmmm..ja: Labskaus.