Es war irgendwann Anfang der Achtziger; ich
studierte in Aachen und hatte eine wunderbare Studentenzeit mit noch schöneren
Reisen.
Hier die Highlights aus einer sechswöchigen Tour zu siebt (!) in einem
alten Ford Transit – womit sonst fuhr man schließlich damals in den Balkan!
Kritischste Punkte der
Vorbereitung: der extra dafür angeschaffte und mit Holzbänken umgebaute Hanomag
gab bei der letzten Probefahrt vor dem Start mangels verlorenen Öls seinen
Geist komplett auf. Schnellste Hilfe kam durch einen Freund, der uns
tatsächlich seinen Transit (eben diesen) lieh – es musste nur noch im Licht
einer Taschenlampe nachts eine neue Kardanwelle eingebaut werden. Tja, das gab
es noch.
Zweiter Engpass: die drei Mädels
bzw. das dazugehörende Gepäck. Es gab aus Fairness und um größere Reibereien zu
vermeiden, für jeden Teilnehmer dieselbe grüne Segeltuch-Tasche für 5,50 DM von
Nanu Nana als privaten Stauraum - und mehr nicht! Was bei
Jungs komischerweise (?) auf Anhieb funktionierte, traf auf ernste Bedenken bei
den Mädchen. Aber es klappte.
Über Passau ging es nach
Budapest. Da konnte man in den Bädern erkennen, dass nicht nur Köln und San
Francisco in Sachen tiefer
Männerfreundschaft führend sind. Dementsprechend schnell waren wir Jungs, noch
vor dem Ende der Seifenmassage wieder draußen.
Über den Autoput, den es noch
gab, ging es in halsbrecherischer Fahrt über diverse Zollstationen in den Süden.
An der ersten merkten wir, dass außer dem Kontrollieren der Ausweise ein
wichtiger Punkt die richtige Dosierung des Bakschischs wichtig war. Bei zu viel
Geld oder auch Naturalien (Gummibärchen, Marlboro etc.) kam Verdacht auf
und wir bzw. der FORD wurden auseinandergenommen. War es zu wenig, brauchten die Zöllner gefühlte Ewigkeiten bis
der Stempel im Pass war.
Daher späte Ankunft in Thessaloniki: in
einer griechischen Kneipe pflegten wir ausgiebigst die Völkerverständigung, in
dem wir so ungefähr alles aßen und tranken, was in der Küche, die wir mit dem
Chef besichtigen mussten, angerichtet und
an der Theke eingeschenkt wurde. Der Transit muckte bei der Abfahrt da zum
ersten Mal leicht, was das Anspringen anging. Wir schoben es auf den Ouzo im
Chauffeur, womit wir ihm (dem Chauffeur) aber Unrecht taten. Fünf ebenfalls
benebelte Griechen schoben uns an und riefen uns hinterher, wohin wir
eigentlich wollten. Als wir „Istanbul“ sagten, gab es geballte Hände und wütende
Rufe hinter uns her – da war die Freundschaft erst mal am Ende.
Drei Tage Istanbul – damals ein
unbegreiflicher Verkehrsknoten aus Esels-Fuhrwerken, stinkenden Uralt-Taxen, klappernden
Hanomag-Bussen, Handkarren, bis zum Bersten beladenen und hupenden LKW´s und schreienden
Händlern. Von den Minaretten schallte es, die Fähren zeigten, dass sie wussten,
wie man Nebelhörner einsetzten. Krach ohne Ende und wir mittendrin – toll! Hier
begann der Orient, keine Frage.
Schiffstour am Goldenen Horn, Abendessen im
Sonnenuntergang an der Galata Brücke, Hagia Sofia, Bazare. Im Bazar am nächsten Tag hätten wir eine
Blondine aus unserer Truppe um ein Haar für drei Kamele an einen ortsansässigen
Gewürzhändler verloren. Weitere Verhandlungen über ein mögliches viertes Tier durch
uns wurden von ihr daher abrupt unterbrochen.
Ein aus Alemania
vorab gebuchtes Hotel mitten in der Stadt hatte eine große Dachterrasse mit
Blick auf das Haus gegenüber. Freundliche Damen winkten uns aus allen Fenstern über
die Straße zu. Einerseits freute man sich an dem großen Interesse an uns
Männern und die Brust wurde immer breiter, andererseits lobten wir die
Gastfreundschaft dieses Volkes. Erst als wir nach längerem gegenseitigen Winken
beobachteten, dass unten erstaunlich viele Männer in dieses Haus gingen aber
keine der Damen heraus, dämmerte es langsam nicht nur über Istanbul.
Es ging weiter für drei Wochen
kreuz und quer durch dieses wunderbare Land. Das anfängliche Mucken des Fords
war mittlerweile eine ernstzunehmende Grippe. Jeder Morgen war bestimmt durch
entweder eine längere bergab-schiebe Tour, wenn man am Abend zuvor entsprechend
mit der Schnauze bergab geparkt hatte. Oder der Luftfilter bekam eine
sorgfältig zu dosierende Menge an Insekten-Spray in den Rüssel geblasen; dann
erfolgte die vorsichtige Zündung und man konnte hoffentlich jubeln. Händler auf
der Strecke wunderten sich über den offensichtlich enormen Verbrauch an
Insekten-Spray durch sieben Deutsche.
Keine Neckermann Fahne verunzierte die Natur.
Wir schliefen entweder einfach wild irgendwo im Wald, campten auf den wenigen
Plätzen, die es überhaupt gab oder wurden sogar von Bewohnern spontan
eingeladen, bei ihnen zuhause zu übernachten. Das konnte auch einmal im ersten
Stock eines im Bau befindlichen Hauses enden – unter uns Beton, über uns nur
der Himmel und Wände gab es auch noch keine.
Ein Besuch in einer Bank, um Geld
zu holen, konnte damals so verlaufen: die
Bank öffnet, eine lange Schlange bildet sich sofort vor den Schaltern. Ich
stehe als Nummer 15 oder 20 darin. Große Hitze wird von einem trägen Ventilator
an der Decke umgeschaufelt. Schwitzende
Bankbeamte lassen sich durch nichts aus der Ruhe bringen und haben Zeit für
alles, nur nicht für den Kunden. Auf einmal tippt mich einer auf die Schulter
und fragt in fließendem Deutsch, ob ich vielleicht dort in der Ecke bei einem
Tee warten möchte, bis die Schlange soweit vorgerückt sei? Unglaublich, oder?
Ephesus, Alanya, Antalya, Fethiye,
Kas (damals noch ein menschenleerer Geheimtipp von Einheimischen, heute auf
jedem Prospekt), Izmir, bis wir dann schließlich in Bodrum landeten.
Aber diese Orte und die Segeltour
als letzter Höhepunkt der Reise machen dann den zweiten Teil….