Donnerstag, 4. Juli 2013

Türkei - weit vor der EU und vor allem: so schön!

Es war irgendwann Anfang der Achtziger; ich studierte in Aachen und hatte eine wunderbare Studentenzeit mit noch schöneren Reisen.
 Hier die Highlights aus einer sechswöchigen Tour zu siebt (!) in einem alten Ford Transit – womit sonst fuhr man schließlich damals in den Balkan!
Kritischste Punkte der Vorbereitung: der extra dafür angeschaffte und mit Holzbänken umgebaute Hanomag gab bei der letzten Probefahrt vor dem Start mangels verlorenen Öls seinen Geist komplett auf. Schnellste Hilfe kam durch einen Freund, der uns tatsächlich seinen Transit (eben diesen) lieh – es musste nur noch im Licht einer Taschenlampe nachts eine neue Kardanwelle eingebaut werden. Tja, das gab es noch.
Zweiter Engpass: die drei Mädels bzw. das dazugehörende Gepäck. Es gab aus Fairness und um größere Reibereien zu vermeiden, für jeden Teilnehmer dieselbe grüne Segeltuch-Tasche für 5,50 DM von Nanu Nana als privaten Stauraum  - und mehr nicht! Was bei Jungs komischerweise (?) auf Anhieb funktionierte, traf auf ernste Bedenken bei den Mädchen. Aber es klappte.

Über Passau ging es nach Budapest. Da konnte man in den Bädern erkennen, dass nicht nur Köln und San Francisco  in Sachen tiefer Männerfreundschaft führend sind. Dementsprechend schnell waren wir Jungs, noch vor dem Ende der Seifenmassage wieder draußen.

Über den Autoput, den es noch gab, ging es in halsbrecherischer Fahrt über diverse Zollstationen in den Süden. An der ersten merkten wir, dass außer dem Kontrollieren der Ausweise ein wichtiger Punkt die richtige Dosierung des Bakschischs wichtig war. Bei zu viel Geld oder auch Naturalien           (Gummibärchen, Marlboro etc.) kam Verdacht auf und wir bzw. der FORD wurden auseinandergenommen. War es zu wenig,  brauchten die Zöllner gefühlte Ewigkeiten bis der Stempel im Pass war.

Daher späte Ankunft in Thessaloniki: in einer griechischen Kneipe pflegten wir ausgiebigst die Völkerverständigung, in dem wir so ungefähr alles aßen und tranken, was in der Küche, die wir mit dem Chef  besichtigen mussten, angerichtet und an der Theke eingeschenkt wurde. Der Transit muckte bei der Abfahrt da zum ersten Mal leicht, was das Anspringen anging. Wir schoben es auf den Ouzo im Chauffeur, womit wir ihm (dem Chauffeur) aber Unrecht taten. Fünf ebenfalls benebelte Griechen schoben uns an und riefen uns hinterher, wohin wir eigentlich wollten. Als wir „Istanbul“ sagten, gab es geballte Hände und wütende Rufe hinter uns her – da war die Freundschaft erst mal am Ende.

Drei Tage Istanbul – damals ein unbegreiflicher Verkehrsknoten aus Esels-Fuhrwerken,  stinkenden Uralt-Taxen, klappernden Hanomag-Bussen, Handkarren, bis zum Bersten beladenen und hupenden LKW´s und schreienden Händlern. Von den Minaretten schallte es, die Fähren zeigten, dass sie wussten, wie man Nebelhörner einsetzten. Krach ohne Ende und wir mittendrin – toll! Hier begann der Orient, keine Frage. 

Schiffstour am Goldenen Horn, Abendessen im Sonnenuntergang an der Galata Brücke, Hagia Sofia, Bazare. Im Bazar am nächsten Tag hätten wir eine Blondine aus unserer Truppe um ein Haar für drei Kamele an einen ortsansässigen Gewürzhändler verloren. Weitere Verhandlungen über ein mögliches viertes Tier durch uns wurden von ihr daher abrupt unterbrochen.
Ein aus Alemania vorab gebuchtes Hotel mitten in der Stadt hatte eine große Dachterrasse mit Blick auf das Haus gegenüber. Freundliche Damen winkten uns aus allen Fenstern über die Straße zu. Einerseits freute man sich an dem großen Interesse an uns Männern und die Brust wurde immer breiter, andererseits lobten wir die Gastfreundschaft dieses Volkes. Erst als wir nach längerem gegenseitigen Winken beobachteten, dass unten erstaunlich viele Männer in dieses Haus gingen aber keine der Damen heraus, dämmerte es langsam nicht nur über Istanbul.

Es ging weiter für drei Wochen kreuz und quer durch dieses wunderbare Land. Das anfängliche Mucken des Fords war mittlerweile eine ernstzunehmende Grippe. Jeder Morgen war bestimmt durch entweder eine längere bergab-schiebe Tour, wenn man am Abend zuvor entsprechend mit der Schnauze bergab geparkt hatte. Oder der Luftfilter bekam eine sorgfältig zu dosierende Menge an Insekten-Spray in den Rüssel geblasen; dann erfolgte die vorsichtige Zündung und man konnte hoffentlich jubeln. Händler auf der Strecke wunderten sich über den offensichtlich enormen Verbrauch an Insekten-Spray durch sieben Deutsche.

 Keine Neckermann Fahne verunzierte die Natur. Wir schliefen entweder einfach wild irgendwo im Wald, campten auf den wenigen Plätzen, die es überhaupt gab oder wurden sogar von Bewohnern spontan eingeladen, bei ihnen zuhause zu übernachten. Das konnte auch einmal im ersten Stock eines im Bau befindlichen Hauses enden – unter uns Beton, über uns nur der Himmel und Wände gab es auch noch keine.

Ein Besuch in einer Bank, um Geld zu holen, konnte damals so verlaufen:  die Bank öffnet, eine lange Schlange bildet sich sofort vor den Schaltern. Ich stehe als Nummer 15 oder 20 darin. Große Hitze wird von einem trägen Ventilator an der Decke umgeschaufelt.  Schwitzende Bankbeamte lassen sich durch nichts aus der Ruhe bringen und haben Zeit für alles, nur nicht für den Kunden. Auf einmal tippt mich einer auf die Schulter und fragt in fließendem Deutsch, ob ich vielleicht dort in der Ecke bei einem Tee warten möchte, bis die Schlange soweit vorgerückt sei? Unglaublich, oder?

Ephesus, Alanya, Antalya, Fethiye, Kas (damals noch ein menschenleerer Geheimtipp von Einheimischen, heute auf jedem Prospekt), Izmir, bis wir dann schließlich in Bodrum landeten.
Aber diese Orte und die Segeltour als letzter Höhepunkt der Reise machen dann den  zweiten Teil….