Donnerstag, 6. November 2014

Donnerstagmittag – und der Briefkasten quillt wieder über



Rechnungen, Briefe von netten oder weniger netten Menschen, Warensendungen? Weit gefehlt: als erstes gilt es jede Woche, ein geschätztes Pfund Werbung, umhüllt von „Anzeigern…für Ihre Werbung“ aus dem Kasten zu räumen. Und damit man auch ja nicht leer ausgeht, hat der Austräger netterweise noch zehn weitere Komplett-Sets in den Hausflur gelegt. 

Diese pseudo-journalistischen Alibi-Hüllen lese ich schon lange nicht mehr. Erstens sind sie im Netz deutlich aktueller, zweitens stufe ich sie genervt mittlerweile nur noch als Funktion ein, um den beiliegenden Werbeträgern wie Discountern, Schuhläden oder Medien- und Küchenmärkten überhaupt noch eine Plattform zu geben, ihre Tonnen an Druckware irgendwie gegen Bezahlung unters Volk streuen zu können.

Wohlbemerkt: ich bin absolut nicht gegen Werbung! Ich komme beruflich ursprünglich aus dieser Ecke und weiß, dass ein Verdrängungs-Wettbewerb wichtig ist, um Monopole zu verhindern und es vernünftige Preis-Leistungs-Verhältnisse und daher informierte Konsumenten geben muss.
Aber was sich da an bedruckten Tonnen von Papier-Fluten wöchentlich aus den Druckereien über die Taschen der Austräger, die Briefkästen und von da ungelesen wieder in die Altpapier-Container ergießt, ist mit der Idee einer modernen, zielgruppengerechten und umweltbewussten Werbung nicht mehr zu vereinbaren! Und ich grusele mich vor den zu erwartenden Steigerungen vor dem kommenden Weihnachts-Geschäft!

„Bitte keine Werbung einwerfen“ – Schilder werden grundsätzlich nicht beachtet. Nicht weil die Verteiler des Lesens unkundig sind, sondern, weil sie das Zeug einfach nur schnell loswerden müssen.
Und wenn man die Prospekte dann nicht in allen Details durchblättert, passiert es manchem, so wie mir neulich: ein wichtiger und schon länger erwarteter Brief wurde von mir schlicht und einfach übersehen und wanderte mit in den Müll! Pech gehabt? Nein, ich bin einfach nur zugestopft worden mit unnötigem Zeug.

Warum, bitte, führt man keine einmalige Erhebung zur Kundenzufriedenheit dieser „Zeitungen“ durch, die die einfache Frage stellt, wer so etwas an bewusst in Kauf genommener Umweltverschmutzung weiter braucht? Die Antwort – auch wenn die Frage sicher deutlich neutraler formuliert würde -  ist ganz klar: weil das Ergebnis so vernichtend eindeutig ausfiele, dass sich die Auflage der Zeitung mangels Werbeeinnahmen nicht mehr rentieren würde. Und welcher Redakteur schaufelt sich das eigene Grab?

Natürlich: es gibt dann noch die „sozial-verantwortungsvolle“ Ausrede, dass man Mitmenschen – speziell die ältere Generation – ohne Internetanschlüsse oder sonstige moderne Anbindungen nicht erreichen könnte. (Ob diese den Werbemüll trotzdem gerne ungefragt bekommen, steht auf einem anderen Blatt). Nun, in dieser Umfrage könnte ein Punkt auftauchen, der da wissen will, wer sich denn gerne mit Namen und Adresse als Empfänger listen lässt. Dem kann dann gerne einzeln geholfen werden. Tja – liebe Redakteure – natürlich ist es niederschmetternd, wenn die eigene Qualität der Zeitung eigentlich egal ist, da sie kostenlos verteilt wird und trotzdem noch Geld einnimmt, weil der Discounter unbedingt seine neuen Montags-Aktionen veröffentlichen muss. 
Aber da fragt man sich dann doch, ob es nicht sinnvollere Aufgaben in diesem Berufsbild gibt, denen man nachgehen könnte.

Montag, 15. September 2014

70 Jahr, blondes Haar...



Aus gegebenem Anlass fällt mir beim Lesen der Schlagzeilen heute ein, dass ich den Herren schon damals, Ende der Siebziger Jahre, aufs Zimmer begleiten durfte. Bevor hier für beide Seiten komplett abwegige Mutmaßungen Raum greifen können, möchte ich ergänzen, dass ich damals in einem Nobelhotel in Düsseldorf gerade eine Ausbildung machte und zufällig an der Rezeption Dienst schob.
Herr Netzer, blonde lange Haare, dünn, Jeans und T-Shirt, fuhr mit einem dieser damaligen Nobel-Hobel, einer weißen BMW M1 – Flunder vor dem Hotel vor und stieg aus. Aus der Beifahrerseite strebten - nach Öffnen der Flügeltüren -  zunächst ein Paar ewig lange, schlanke, braungebrannte Beine, an deren oberen Ende, kurz bevor es unsittlich wurde, sich noch ein Kleid anschloss. Dieses wurde von einer Blondine (ebenso lange Haare wie er) auf das Angenehmste gefüllt.
Als ich sie dann nach dem Einchecken mit dem Lift auf ihr Zimmer brachte, fiel es mir nicht schwer zu vermuten, dass die Nacht für beide gut verlaufen würde.
Schon damals hatte ich von Fußball genau so viel Ahnung wie vom Makramee und wollte daher die Konversation auch nicht unnötig in Peinlichkeit ersterben lassen, indem ich irgendeinen komplett sinnbefreiten Kommentar zu aktuellen Tabellen oder Vereins-Kadern gab. Ich hätte nicht mal sagen können, wo Herr N. denn zurzeit dribbelte.Daher war Ruhe im Lift.
Und so beschränkte ich mich im Zimmer nach Erklärung von Mini-Bar, Klimaanlage und Telefon (damals brauchte man das noch) sowie nach Trinkgeld-in-Empfangnahme auf ein „Angenehme Nachtruhe“ mit letztem Seitenblick auf die schon im Bad entschwindende Doppelzimmer-Mitbenutzerin.

Nicht ohne mir daraufhin draußen auf dem Gang kräftig vor die Stirn zu kloppen.

Freitag, 15. August 2014

"Stagnation macht meinen Geist rebellisch! Geben Sie mir Probleme, geben Sie mir Arbeit!"



Wenn man mal so richtig den Bildungsbürger heraushängen lassen will, sollte man im Gespräch zwischendurch locker einwerfen, dass man die Weisheiten des Konfuzius immer gerne im Original-Text liest, aber natürlich nicht in der allgemeinen chinesischen Version, sondern im Landesdialekt  von Shandong (seiner Heimat-Provinz, „wie ihr ja alle wisst“). Ab da steht man dann auf der Party relativ einsam in der Ecke oder  ist das Zentrum des abendlichen Universums – je nach Gästeschar.
Ganz so hoch wollen wir mal nicht raus. Trotzdem ein kleiner Versuch von hier: neulich war mal wieder Büchermeile am Rhein und ich hatte dummerweise auch noch den Rucksack dabei. Sechs Stück wurden es dann. Eins davon wiegt soviel wie die anderen alle zusammen und wird mich wahrscheinlich über den kommenden Regen im Irland-Urlaub hinwegbringen. „The Complete Sherlock Holmes“ by Sir Arthur Conan Doyle.(Nein, ich lese keinen kindle).
Ich werde mal wieder intensiv an meinem Sprachschatz basteln können und alle dicken anglophilen Nervenstränge in meinem Inneren zum Schwingen bringen, wenn es über 1122 Seiten (kleingedruckt) um London, Clubs, Tee, Indien, Picadilly, tragedies, Gentlemen und  dockyards geht. Aber vor allem: die Sprache. Ein ausgefeiltes Wortgeflecht von Andeutungen, sensiblen Umschreibungen, Humor und noch unbekannten Vokabeln.
Ein erstes  Beispiel  im  Vorwort von Christopher Morley über Conan Doyle: „Those of us who in earliest boyhood gave our hearts to Conan Doyle, and have had of him so many hours of good refreshments, find our affection unshakable. What other man led a fuller and heartier and more masculine life? Doctor, whaler, athlete, writer, speculator, dramatist, historian, war correspondent, spiritualist, he was always the infracaninophile –the helper of the underdog.”
Infracaninophile – ein Wort, welches man so im Museum ausstellen könnte. Nie benutzt worden, aber treffsicher. Quasi noch mit Preisschild dran.
Ich freu mich drauf.

Freitag, 8. August 2014

Jetzt nur noch 45 Pfannen auf Lager!



Ein Knaller und für mich Höhepunkt einer jeden Zapp-Aktion ist das Hängenbleiben an Verkaufskanälen. Die Jungs haben es drauf.

Die Sauna für unterwegs, das Gurkenhobel-Set mit Weltraum-Technik, Vinyl-Pullover mit Formel 1 (Entschuldigung: U-Boot) Kragen auch in Größe XXXXXL, Hundefutter mit Diät-Garantie, Reinigungsmittel aller Art für Herde und Gartenzäune,  Parfüms  aus dem Hause „Magnolia“ mit limitierter Stückzahl. Wer sowas verkaufen kann, stand im Mittelalter und auch heute noch  an Wochenenden auf den Märkten der bekannten Welt oder sieht mit angeschweißtem Lächeln in eine Kamera.

Die Bälger schlafen abends endlich in den kuschelweichen Satin-Baumwoll-Aktiv-Gemisch-Bettwäschen, nachdem Frau H.  zum Abendessen für sie die selbstgezauberte Lasagne aus der Aluguß-Hybrid-Form (43,-€ incl. Versand) gemeißelt hat. Nun sitzt sie mit der elektrischen Lamm-Imitat-Decke aus vorgereinigten Neuseeland-Nylonfaden auf dem Sofa und schaltet ihren Lieblingssender mit der 30 in 1 – Fernbedienung incl. LED Lampe zum Lesen der TV Zeitung ein.

Ihr Star Designer Roberto Samtino lässt heute wieder Hausfrauen wie Frau H. (nur zwei Kleidergrößen umfangreicher) mit sicherer Hand über den mit frischen Plastikblumen dekorierten Sperrholz-Laufsteg wanken, verführerisch die unter Taft und Tweed versteckten Hüften schwenkend. Nur Eingeweihte können erkennen, dass diese Freizeit-Models zwischendurch auf Norbert Kehlig blicken, der als Regisseur verzweifelt hinter der Kamera Tipps zum unfallfreien Ablauf der Veranstaltung flüstert  („Frau Kuhn! Links, rechts, links…, nein: links!“).

„Marüa, nu zeisch disch nochemal von vorn, nischewahr, dou Hollde, dou.“ Ja, man nimmt bei dem braunverbrannten Designer Roberto aus Mailand das Sächsische kaum noch wahr, das muss man gestehen. Frau H. ist aber auch wirklich abgelenkt. Allzu fließend gleitet der Taft, zu bunt sind aber auch wieder die Designs im frischen und doch zeitlosen Frühlings-Look.
Zu ihrem Schrecken bemerkt  sie aber da doch unten rechts eingeblendet, dass wirklich nur noch 256, nein..250, 247…oh Gott….!  Jetzt heißt es handeln. Nachher hat Frau Riebenkötter von nebenan wieder das vorletzte Stück ergattert, wie neulich bei den Entsaftern mit Gurken-Aufsatz.
Mit zittrigen Fingern drückt sie die Hotline-Taste (mittlerweile gespeichert) und bestellt das Frühlings-Ensemble, dreiteilig, mit angehäkelten Mäusezähnchen und Nappa-Kragen zum einmaligen Sonderpreis von 345,-€ incl. sofortigem Versand.

Völlig fertig und selig entgleitet sie in den Schlaf und stellt den Wecker vorher noch auf 23.30 Uhr, wenn es bei KPU wieder heißt „Schätze der Welt für Sie zuhause!“. Vielleicht werden ja die aus Quartz-Koralle geschnitzten  Wildtiere der Serengeti als echte Wertanlage für später doch mal im Preis gesenkt….das Warzenschwein in 1000er Auflage aus der ersten Sendung hatte sie für günstige 123,50€ plus Versand natürlich sofort bestellt. 
Nun sieht es aus der Schrankwand auf sie herab und wünscht gute Nacht.