Freitag, 5. Dezember 2025

Excel quer Version 0.5

 

Meine absolute Lieblings-Software ist Excel. Ich habe damit seit 2014 sämtliche finanziellen Auf- und Fehltritte dokumentiert, die mir das Leben schön oder manchmal auch schwierig gemacht haben.

Als ich die Dokumente meines Vaters nach seinem Tod durchblätterte, fiel mir ein Notizbuch in DIN A 4 in die Hände, in dem ich seine Buchhaltung nachvollziehen konnte, wie sie sich seit 1956 (!) darstellte. Fast siebzig Jahre finanzielle Geschichte - hochinteressant! Das Kind (also ich) schlug anfangs nur mit einer höheren Krankenzusatz-Versicherung (plus 1,50 DM monatlich) und dem Darlehen für eine Wickelkommode zu Buche. Das änderte sich – glaubt es mir – rapide über die Jahrzehnte!

Dauerzahlungen wie Miete (42,75DM), Abzahlung Schlafzimmer (16,-DM) und Telefon (20,-DM) wurden damals genauso notiert wie Einmalsummen (Topf 20,-DM, Kohlen 41,50DM und Schallplatten 24,-DM). Es war, wenn meine Eltern erzählten, oft ziemlich knapp am Monatsende und sie diskutierten manchmal, ob sie sich eine Kinokarte oder ein paar Zigaretten kaufen sollten. (Damals wurde noch geraucht, was ich persönlich immer dann merkte, wenn ich auf der Rückbank des Autos dann grün im Gesicht wurde…).

Wie sich die Zeiten doch geändert haben. Die Miete würde heute nicht mal mehr für eine Telefonzelle reichen – wenn´s die noch gäbe. Dafür könnte man das Geld für die Kohlen sparen oder in Öl und Euro umrechnen und hätte es warm bis zum 3. des Monats.

Im Laufe der Jahre kamen Posten dazu wie „Rundfunk 31.50“, „Hundesteuer 15,-DM“, „Tageszeitung 64,20DM ¼ jährlich“, und nach dem Hauskauf dann Bausparkassen- und Bankdarlehen.

So plustert sich ein Kostenapparat über die Jahrzehnte halt auf. Wenn sich manche Gespräche heute um knappe Gelder drehen und man die Meinung vertritt, dass heute zwei arbeiten müssen, damit es reicht, schlage ich vor, die Excel quer- Methode anzuwenden und z.B. folgende Posten aus dem buchhalterischen Gemenge zu löschen:

-        Neuestes iPhone 17 (1.299, -€ bei apple)

-        den täglichen Crème Brulée Brown Sugar Frappuccino (7,90€ bei Starbucks)

-        Mittelgroße Horsebit 1955 Schultertasche (bei Gucci 2.700, -€)

Trotzdem frohe Weihnachten!


Freitag, 21. November 2025

Erinnerungen an eine junge Dame...

 


…die meine Mutter war. Das Foto ist das Titelbild der Zeitung, aus der später die „Hör Zu“ hervorging und die wir in den Siebzigern zuhause abonniert hatten.

Die „junge Soubrette“ sang zu dieser Zeit in Dortmund am Theater und lernte kurz darauf meinen Vater an seinem Dirigentenpult dort kennen. Die beiden studierten zusammen ihre Gesangspartien ein und kamen sich auch sonst näher. Die Bühne hat sie angezogen und man kann schon fast sagen, dass sie auch später – gefühlt – immer auf der Bühne stand, wenn sie eigentlich kochte oder bei der Kaffeerunde mit Freundinnen sass.

Der NWDR, den es bis 1955 als Vorläufer des späteren NDR und WDR gab, buchte sie als eine der ersten Fernseh-Ansagerinnen – allerdings sozusagen für die Reservebank.

Die Geschichte dazu muss kurz erzählt werden - aber auch nur, weil sie sie selbst gerne erzählte – ich trete also keinem auf den berühmten Schlips. Man sendete damals Anfang der Fünfziger Jahre noch aus einem Containerprovisorium und hatte zu Beginn eine landesweite Gefolgschaft von satten 4000 TV-Geräten, von denen ungefähr ein Drittel in Kneipen aufgestellt war; der Rest in den Schaufenstern von Elektrogeschäften. 1200 Mark für die Anschaffung konnten sich eben nur Ausgewählte leisten.

Nun geschah es, dass die Nussknacker Suite von Tschaikowsky auf dem Programm stand, die sie ansagen sollte. Die ohnehin mit Lampenfieber gesegnete junge Dame wurde von ihren Kolleginnen nun auch noch mit guten Ratschlägen versehen:“ Ruth, du darfst auf k e i n e n Fall N u s s k a c k e r Suite sagen – pass bloß auf!“ Nervös und zappelig aber bühnenerfahren, wie sie war, ging die rote Lampe an. Kamera lief.

„Guten Abend, meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus dem (ich weiß nicht mehr, wo es war (Anm.d.Red.)) …übertragen wir live die Nussknacker Sinfonie (Aufatmen bei allen Beteiligten) von Peter Scheisskowsky…

Auch die Buchungen von der Reservebank wurden danach leider spontan eingestellt und der Sender bald aufgelöst…aber nicht deswegen 😊

Sonntag, 16. November 2025

Die Rente oder: Dreisatz für Fortgeschrittene

 


Meine Güte, was haben sich Politiker, Finanzexperten, Gremien, Ausschüsse und sonstige wegen ihrer Bezahlung im Ergebnis streng weisungsgebundene Personen schon an dieser Frage abgearbeitet. Wie viel kann wer im Alter bekommen, wenn wie viele was vorher zahlen? Die Antwort konnten auch nur wenige akademisch hoch ausgebildete Koryphäen voraussehen: je mehr Personen viel einzahlen, desto höher kann die Rente später sein. Der alte Bismarck wusste das schon, es ist aber anscheinend nicht bis in die Neuzeit überliefert worden.

Nun war die Mathematik für mich auf dem Gymnasium immer kurz vor Raketenwissenschaften angesiedelt - wahrscheinlich bin ich deshalb Finanzberater geworden, damit es keiner merkt.  Ich schweife ab. Was ich aber heute im Rückblick darauf mit hoher Sicherheit und noch höherem Lebensalter sagen kann: Ergebnisse in Mathe und reales Leben sind zwei Paar Schuhe. Der klare Beweis dafür: der Dreisatz und eben diese Rentenfrage.

Warum nur liegt die Lösung so nahe und die Umsetzung so weit weg?

 Ich fange mal vorne an: der Mensch an sich.

Die breiten Schultern, auf denen heute unsere Sozialpolitik und speziell unser Rentensystem ruht, werden immer schmaler, wenn man genauer hinsieht. Nehmen wir zunächst die einzahlende Seite. Und da wird es auch schon dünner.

Alle Klein- und Mittelverdiener zahlen brav ihre periodisch höher werdenden Prozent-Anteile vom Brutto in die Rentenkasse. Alle? Nein, nur die, die bis zu 8.050, -€ monatlich verdienen. Wer mehr bekommt, zahlt auch nur die 19 Komma x Prozent von 8.050, -€ - und wenn er 20.000, -€ brutto oder mehr hat. Warum? Öhhhh… Wahrscheinlich, weil die es sich nicht mehr leisten können? Muss wohl.

Selbständige? Hier muss gar keiner irgendwas müssen. Naja, klar, der kriegt hinterher auch nichts. Aber das kann sich auch ganz schnell rächen und man gleitet vorsichtig in die Insolvenz bzw. Altersarmut. Da wäre eine Abgabepflicht nicht das schlechteste Sicherungsnetz.

Wer sich aber noch vom Rentensystem verabschieden darf, sind Freiberufler. Alle Ärzte, Notare, Anwälte, Architekten und, und, und können in ein separates Versorgungswerk zahlen, was deutlich höhere Renten im Alter (ca. 20-25% höher) zurückgibt. Ich gönne jedem seine hohe Rente, aber diese Zahlungen fehlen ebenfalls bei den „breiten Schultern“.

Und jetzt kommt das dicke Brett: Beamte. Keine Sozialabgaben. Trotzdem Pensionen – und die sind nicht schlecht. Wer hat sie bezahlt: der Arbeitgeber, in dem Fall der Staat. Ja, jetzt höre ich die Argumente eingeschränktes Streikrecht, geringere Flexibilität bei Arbeitsplatzwechsel und Aufgabenwahl, strenge Hierarchien und Dienstpflichten, Überstunden werden nicht bezahlt. Aber muss ein Förster beamtet werden? Ist ein Verwaltungsfachangestellter zwingend zu beamten? Und warum ein Lehrer (das aktuell Schulsystem würde sowieso ohne zusätzliche Quereinsteiger – die nicht beamtet werden – zusammenbrechen)?

All diese genannten Gruppen sitzen zu einem sehr grossen Anteil im Deutschen Bundestag. Und jetzt nehme ich Wetten an: wann wird dort eine Rentenreform beschlossen, die eine verpflichtende, übergreifende Abgabe an die Rentenkasse für alle Berufstätigen vorsieht. Und zwar von allen Einkünften, Zinsen, Mieterträgen etc. Dieses Jahr? Dieses Jahrzehnt? Die Antwort ergibt sich von selbst. Zum einen wollen Abgeordnete von ihrem Stammklientel in spätestens vier Jahren wieder gewählt werden. Und zweitens sägt sich keiner den Ast ab, der ihn momentan bezahlt. Punkt.

Ich komme – fast – zum Schluss.

Solange also dieses System darauf beruht, dass manche einen ersten Schritt machen müssen, der sehr unangenehm für Beteiligte und solche, die es werden wollen, ist, kann eine Reform, die sich wirklich so nennen darf, nicht starten.

In irgendeinem mittelalterlichen Staatsgebilde (Venedig?) gab es Entscheidungsgremien, die vollkommen unabhängig eingesetzt wurden und während einer festgelegten Zeit - zum Beispiel fünf Jahren - politische Entscheidungen treffen und durchsetzen konnten - auch die Unangenehmsten. Da sie aber nach fünf Jahren nicht wieder gewählt werden durften, ergab sich oben genanntes Problem für sie nicht. Könnte eine Idee sein.

Und jetzt kommen natürlich alle mathematisch besser zu Fußen und sagen: ja, auch wenn diese genannten Punkte im Sinne einer für alle stabilen und höheren Rente gelöst werden, haben wir nur x Komma y Prozent mehr Rente hinten raus.

Mag sein, aber da kommt für mich noch der Punkt Symbolpolitik. Fürs Volk könnte das heissen, dass sich endlich etwas bewegt. Dass man Personen wählen kann, die nicht nur auf Wiederwahl, überproportional wachsende Diäten, Vorstandsposten in Grossunternehmen oder Vorzeigetitel in der EU nach Ausscheiden aus dem Amt schielen. Nein, man hätte Personen, die sich auch mit unangenehmen Entscheidungen um die Sache bemühen.

Träumen wird man ja wohl noch dürfen.