Freitag, 21. November 2025

Erinnerungen an eine junge Dame...

 


…die meine Mutter war. Das Foto ist das Titelbild der Zeitung, aus der später die „Hör Zu“ hervorging und die wir in den Siebzigern zuhause abonniert hatten.

Die „junge Soubrette“ sang zu dieser Zeit in Dortmund am Theater und lernte kurz darauf meinen Vater an seinem Dirigentenpult dort kennen. Die beiden studierten zusammen ihre Gesangspartien ein und kamen sich auch sonst näher. Die Bühne hat sie angezogen und man kann schon fast sagen, dass sie auch später – gefühlt – immer auf der Bühne stand, wenn sie eigentlich kochte oder bei der Kaffeerunde mit Freundinnen sass.

Der NWDR, den es bis 1955 als Vorläufer des späteren NDR und WDR gab, buchte sie als eine der ersten Fernseh-Ansagerinnen – allerdings sozusagen für die Reservebank.

Die Geschichte dazu muss kurz erzählt werden - aber auch nur, weil sie sie selbst gerne erzählte – ich trete also keinem auf den berühmten Schlips. Man sendete damals Anfang der Fünfziger Jahre noch aus einem Containerprovisorium und hatte zu Beginn eine landesweite Gefolgschaft von satten 4000 TV-Geräten, von denen ungefähr ein Drittel in Kneipen aufgestellt war; der Rest in den Schaufenstern von Elektrogeschäften. 1200 Mark für die Anschaffung konnten sich eben nur Ausgewählte leisten.

Nun geschah es, dass die Nussknacker Suite von Tschaikowsky auf dem Programm stand, die sie ansagen sollte. Die ohnehin mit Lampenfieber gesegnete junge Dame wurde von ihren Kolleginnen nun auch noch mit guten Ratschlägen versehen:“ Ruth, du darfst auf k e i n e n Fall N u s s k a c k e r Suite sagen – pass bloß auf!“ Nervös und zappelig aber bühnenerfahren, wie sie war, ging die rote Lampe an. Kamera lief.

„Guten Abend, meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus dem (ich weiß nicht mehr, wo es war (Anm.d.Red.)) …übertragen wir live die Nussknacker Sinfonie (Aufatmen bei allen Beteiligten) von Peter Scheisskowsky…

Auch die Buchungen von der Reservebank wurden danach leider spontan eingestellt und der Sender bald aufgelöst…aber nicht deswegen 😊

Sonntag, 16. November 2025

Die Rente oder: Dreisatz für Fortgeschrittene

 


Meine Güte, was haben sich Politiker, Finanzexperten, Gremien, Ausschüsse und sonstige wegen ihrer Bezahlung im Ergebnis streng weisungsgebundene Personen schon an dieser Frage abgearbeitet. Wie viel kann wer im Alter bekommen, wenn wie viele was vorher zahlen? Die Antwort konnten auch nur wenige akademisch hoch ausgebildete Koryphäen voraussehen: je mehr Personen viel einzahlen, desto höher kann die Rente später sein. Der alte Bismarck wusste das schon, es ist aber anscheinend nicht bis in die Neuzeit überliefert worden.

Nun war die Mathematik für mich auf dem Gymnasium immer kurz vor Raketenwissenschaften angesiedelt - wahrscheinlich bin ich deshalb Finanzberater geworden, damit es keiner merkt.  Ich schweife ab. Was ich aber heute im Rückblick darauf mit hoher Sicherheit und noch höherem Lebensalter sagen kann: Ergebnisse in Mathe und reales Leben sind zwei Paar Schuhe. Der klare Beweis dafür: der Dreisatz und eben diese Rentenfrage.

Warum nur liegt die Lösung so nahe und die Umsetzung so weit weg?

 Ich fange mal vorne an: der Mensch an sich.

Die breiten Schultern, auf denen heute unsere Sozialpolitik und speziell unser Rentensystem ruht, werden immer schmaler, wenn man genauer hinsieht. Nehmen wir zunächst die einzahlende Seite. Und da wird es auch schon dünner.

Alle Klein- und Mittelverdiener zahlen brav ihre periodisch höher werdenden Prozent-Anteile vom Brutto in die Rentenkasse. Alle? Nein, nur die, die bis zu 8.050, -€ monatlich verdienen. Wer mehr bekommt, zahlt auch nur die 19 Komma x Prozent von 8.050, -€ - und wenn er 20.000, -€ brutto oder mehr hat. Warum? Öhhhh… Wahrscheinlich, weil die es sich nicht mehr leisten können? Muss wohl.

Selbständige? Hier muss gar keiner irgendwas müssen. Naja, klar, der kriegt hinterher auch nichts. Aber das kann sich auch ganz schnell rächen und man gleitet vorsichtig in die Insolvenz bzw. Altersarmut. Da wäre eine Abgabepflicht nicht das schlechteste Sicherungsnetz.

Wer sich aber noch vom Rentensystem verabschieden darf, sind Freiberufler. Alle Ärzte, Notare, Anwälte, Architekten und, und, und können in ein separates Versorgungswerk zahlen, was deutlich höhere Renten im Alter (ca. 20-25% höher) zurückgibt. Ich gönne jedem seine hohe Rente, aber diese Zahlungen fehlen ebenfalls bei den „breiten Schultern“.

Und jetzt kommt das dicke Brett: Beamte. Keine Sozialabgaben. Trotzdem Pensionen – und die sind nicht schlecht. Wer hat sie bezahlt: der Arbeitgeber, in dem Fall der Staat. Ja, jetzt höre ich die Argumente eingeschränktes Streikrecht, geringere Flexibilität bei Arbeitsplatzwechsel und Aufgabenwahl, strenge Hierarchien und Dienstpflichten, Überstunden werden nicht bezahlt. Aber muss ein Förster beamtet werden? Ist ein Verwaltungsfachangestellter zwingend zu beamten? Und warum ein Lehrer (das aktuell Schulsystem würde sowieso ohne zusätzliche Quereinsteiger – die nicht beamtet werden – zusammenbrechen)?

All diese genannten Gruppen sitzen zu einem sehr grossen Anteil im Deutschen Bundestag. Und jetzt nehme ich Wetten an: wann wird dort eine Rentenreform beschlossen, die eine verpflichtende, übergreifende Abgabe an die Rentenkasse für alle Berufstätigen vorsieht. Und zwar von allen Einkünften, Zinsen, Mieterträgen etc. Dieses Jahr? Dieses Jahrzehnt? Die Antwort ergibt sich von selbst. Zum einen wollen Abgeordnete von ihrem Stammklientel in spätestens vier Jahren wieder gewählt werden. Und zweitens sägt sich keiner den Ast ab, der ihn momentan bezahlt. Punkt.

Ich komme – fast – zum Schluss.

Solange also dieses System darauf beruht, dass manche einen ersten Schritt machen müssen, der sehr unangenehm für Beteiligte und solche, die es werden wollen, ist, kann eine Reform, die sich wirklich so nennen darf, nicht starten.

In irgendeinem mittelalterlichen Staatsgebilde (Venedig?) gab es Entscheidungsgremien, die vollkommen unabhängig eingesetzt wurden und während einer festgelegten Zeit - zum Beispiel fünf Jahren - politische Entscheidungen treffen und durchsetzen konnten - auch die Unangenehmsten. Da sie aber nach fünf Jahren nicht wieder gewählt werden durften, ergab sich oben genanntes Problem für sie nicht. Könnte eine Idee sein.

Und jetzt kommen natürlich alle mathematisch besser zu Fußen und sagen: ja, auch wenn diese genannten Punkte im Sinne einer für alle stabilen und höheren Rente gelöst werden, haben wir nur x Komma y Prozent mehr Rente hinten raus.

Mag sein, aber da kommt für mich noch der Punkt Symbolpolitik. Fürs Volk könnte das heissen, dass sich endlich etwas bewegt. Dass man Personen wählen kann, die nicht nur auf Wiederwahl, überproportional wachsende Diäten, Vorstandsposten in Grossunternehmen oder Vorzeigetitel in der EU nach Ausscheiden aus dem Amt schielen. Nein, man hätte Personen, die sich auch mit unangenehmen Entscheidungen um die Sache bemühen.

Träumen wird man ja wohl noch dürfen.

Freitag, 14. November 2025

Kreiswehrersatzamt...


 

…ein Name, den sich damals nur deutsche Bürokraten aussuchen konnten. Was sollte das damals heissen? Der Kreis sucht einen Wehr-Ersatz? Also keine Soldaten, sondern was? Egal.

Auf jeden Fall gibt es diese heute nicht mehr. 2012 sagte man „nein“ zur Wehrpflicht und ab da wurde es verteidigungstechnisch jedes Jahr dunkler.

Aber man hat ja jetzt, im Zuge der neuen Wehrdienstreform, sicher einen griffigen Namen gewählt. Hat man auch. Achtung! Jetzt heissen diese Stellen „Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw).“ Zack! Genial, was? Wer von dieser Stelle Post bekommt, denkt wahrscheinlich erst mal, er hätte verbotenerweise Altöl entsorgt oder das Vaterland plant eine Schnellstrasse durch sein Grundstück.

Aber wahrscheinlich bekommt der/die Achtzehnjährige heute, nachdem er den dann über allen Heranwachsenden Deutschlands abgeworfenen Fragebogen positiv im Sinne der Sache ausgefüllt hat, eine Aufforderung durch ein „Karrierecenter“ der Bundeswehr. Klingt nicht mehr nach muffiger Kasernenatmosphäre mit Resopal Schreibtischen und Amtsärzten in weissen Kitteln, die einem ans Gemächt greifen und „husten Sie mal“ sagen. Eher nach Assessmentcentern, strahlender Zukunft und einem Anfangs-Einkommen von 2.600, -€ monatlich (Info aus dem „heute Journal vom 13.11.2025). Ich bekam damals 50 DM und freie Zugfahrten am Wochenende von Rheine nach Aachen.

Es hat mir, obwohl die Monate damals (1978) eher für die Katz waren, nicht geschadet. Erkenntnisse daraus gab es mehrere:

-        wenn man sich als „Küchenbulle“ beim Gulasch schneiden verletzt, kann es eine Blutvergiftung geben, was zu zehn Tagen Heimaturlaub führt

-        wenn man in Eis und Schnee beim Manöver ausrutscht und mit dem Hintern auf einen MG-Kolben knallt, ist man vom weiteren Manöver befreit

-        es gibt Zeitgenossen, die morgens um halb fünf beim Weckruf „alles auf!“ erst mal unters Bett greifen, eine Flasche Bier leeren und die REVAL ohne Filter anstecken

-        Erbsensuppe aus 500-Liter-Kesseln kann besser schmecken als zuhause.

Für den weiteren Lebensweg bis heute konnte ich aber keinen der Punkte mehr verwenden.