An ein paar besonderen Tagen im Jahr quillt mein Briefkasten
auf angenehme Weise über. Und das nicht von Werbung, Wochenblättern, Aufrufen
zu Altkleiderspenden, Angeboten der weltsupergünstigsten Telefonanbieter oder
normaler Tagespost, sondern von einem einzigen „Blatt“.
Diese hanseatische Vorzeige-Zeitung für Cordhosen-tragende
Pfeifenraucher, Hochschulprofessoren, anglophile Gymnasiallehrer und Intellektuelle
in Pension und Strickjacke beinhaltet die ganze letzte Woche und macht daher Arbeit, wenn man nochmal thematisch in alles einsteigen will – vom wissenschaftlich
beleuchteten linksdrehenden Joghurt bis zum Rechtsruck in der Gesellschaft.
Bei mir landet sie nur ab und zu. Schließlich habe ich keine
Dauersendung von 250,-€ pro Jahr gebucht, sondern ernähre mich diesbezüglich
von den Brosamen des heutigen Pressewesens: dem Gratis-Abo.
Seit mehreren Jahren habe ich offenbar einen Platz auf der
Liste der Hamburger Mailings. Per Post oder per EDV kann ich so alle ein bis
zwei Monate für ein paar Wochen an einem solchen Gratis-Abo teilnehmen,
marketing-technisch verpackt zum Beispiel durch die „Teilnahme an einer
wichtigen Umfrage“ oder ähnlichem.
Und das ist auch gut so. Denn wer noch nicht im Ruhestand
oder bettlägerig ist oder dank finanziell ausreichender Rücklagen abseits der
Verdienst-Pfade unserer Gesellschaft wandeln darf, hat bei halbwegs intaktem
Berufs-und Privatleben selten Zeit, dieses wöchentliche Epos komplett und auf
den Tag genau durchzuarbeiten (denn Donnerstag gibt’s ja wieder eine neue).
Nach drei Ausgaben ist also bei mir dann für fünf Wochen Lesen angesagt. Und
wenn dann zwischendurch was Besonderes passiert – zum Beispiel das Ableben
eines ketterauchenden Mit-Herausgebers – so kann man ja doch noch an den
Zeitungsständer bei EDEKA, eine Ausgabe mitnehmen und beim
Auflegen auf das Warenband (passt kaum drauf) seinen intellektuellen Status allen anderen Kunden
ganz zwanglos unter die Nase reiben.
Zuhause geht dann die Arbeit und der Spass los. Natürlich kann man Artikel auch im Web auf dem Smartphone lesen. Aber haben Sie schon mal versucht, auf der Laptop-Tastatur beim Lesen einen Kaffeepott abzustellen? Oder sich einen Artikel rauszureissen, den man später mal in Ruhe lesen will?
Warum das so ist, kann ich
nicht sagen, aber ich lese Zeitungen immer von hinten nach vorne. Und jedes
Mal, wenn ich wieder vier bis sechs Seiten einer Kategorie geschafft habe,
landen diese neben mir auf dem Fußboden. Das gibt so ein Gefühl von Größe, wenn
man nach dem Frühstück den Stapel neben sich sieht. „Erle(di)gt“ denke ich
dann und bin zufrieden. Zehn Prozent vom Ganzen landen dann im Korb mit den Resten für den Kamin (empfehle ich fürs Laptop auch nur ungern), alles andere im Altpapier.
Und wenn ich ganz genau aufpasse, kommt mir beim Umblättern manchmal noch ein
Hauch von Menthol entgegen.
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