Mittwoch, 18. Mai 2016

Kurzurlaub Ijsselmeer - Ahoi!



Es war wieder soweit: es ging aufs Wasser! Und dann noch „unter Stoff“ und nicht vor einem Motor her –wie schön!
Route


Obwohl ich als alter Aachener früher nur 2,5 Stunden von da weg gewohnt habe, bin ich eigentlich an den Wochenenden und im Urlaub immer nur dran vorbei oder drum rum gekommen, wenn es ans Wasser ging. Vlissingen, Domburg, Oostkapelle, Veere …die üblichen Verdächtigen halt.


Jetzt aber waren vier Tage Segeln angesagt, und das auf einem – für Holland sehr typischen - Plattbodenschiff. Hier kommt jetzt die Landratte und fragt: Boot oder Schiff? Und da raufen sich die Instanzen auch schon ganz schön heftig, sehe ich so im (Inter- nicht Fischer-) Netz: Gewicht, Kapitän (ja oder nein), Länge, eingetragen im Register etc. pp. sind die Punkte, an denen man es unterscheiden kann. Für mich aber ganz klar: das Ding war ein Schiff! Mit 25 Metern hat es ein Recht dazu, finde ich, basta.
Amore Vici beim Nachbarn geparkt


Eric und Jelly, das Skipper Ehepaar, haben ihre „Amore Vici“ , einen alten Lastenkahn, der mit Kohle, Holz oder Säcken voll irgendwas lange an der holländischen Küste langschipperte, gekauft und vor Jahren mit viel Geld und noch mehr Liebe zu einem prima Personenschiff umgebaut.
Skipperfrau und Skippermann
Alles, was der Mensch so braucht, ist an Bord: 20 Kojen in 2-er und 4-er Kabinen, großes „Wohnzimmer“ , Kombüse mit einem großem Gasherd (den ich selbst gerne zuhause hätte), Stauraum ohne Ende und Duschen, die es wert sind, so genannt zu werden (zumindest im Vergleich zu Duschen auf kleineren Yachten, die ich so kennengelernt habe). Und die Skipper wohnen komplett separat ganz hinten.


Das Ernährungs-Programm hieß „Selbst-Verpflegung“ für vier Tage und so startete das Einschiffen im Hafen von  Enkhuizen mit zwei Stunden Einräumen von Baguette, Senf, Bier, noch mehr Bier, Salaten, Leberkäse, Aufschnitt, Frikadellen, Wasser (nicht so viel), noch n bißchen Bier, Aufback-Brötchen, Eiern, Wein, etwas Bier, Nudeln und einer Haribo-Mix-Kiste in Kompaniestärke. Ach ja, und Bier. 


Von den 18 Landratten und –rättinnen (Altersklasse: 12 bis um die 70) kannte ich vorher gerade Mal fünf und alle anderen stellten sich im Laufe der Tage ebenfalls als komplett in Ordnung da. 


Nun muss man wissen, dass sich meine Erfahrung vom Segeln auf Boote mit maximal 13 Metern Länge erstreckt. Da zieht man das Großsegel schon mal zu zweit hoch, mal geht´s mit Winsch zum Kurbeln, mal auch elektrisch. Bei der Amore Vici gab es eine Einweisung in Sachen Seilen, Knoten, Fallen, damit das kontrollierte Hochziehen der Segel nicht in einem kompletten Chaos endet. Vier Mann hoch sind da schon gefragt, man steht dort in der „Hau-Ruck“ – Kette und kommt sich vor wie ein Seekadett auf der Gorch Fock, wenn der Lappen dann endlich oben ist. 
Was für was?

Von diesen Lappen gab es dann drei: Großsegel, Focksegel und Klüver. Und entgegen dieser typischen Mittelmeer-Touristen Schiffe, die die Masten eigentlich nur zur Zierde und im Prospekt tragen, segelten wir dauernd – außer natürlich im Hafen.


Noch ein Unterschied zum Hobby-Segeln: das Steuer. Hier kann man es so nennen, es reicht einem bis zum Hals und braucht bei stärkerem Wind auch Kraft. Permanentes Kurbeln ist angesagt, wenn man nicht wie ein Idiot in Serpentinen-Manier durchs Gewässer schlingern will. Dauernd geht der Klüverbaum
Mit Netz und einfachem Boden
(der Mast da ganz vorne, der dieses Netz unter sich hat, wo man so toll drin liegen kann) woanders hin als man gedreht hat…
Steuerrad sucht Steuermann


Die Stationen: Enkhuizen, Makkum, Medemblik, Enkhuizen. Dazwischen dann noch ein Highlight: das Trockenfallen im Watt der Nordsee. Haben doch diese Plattbodenschiffe keinen Kiel, sondern eben diese riesigen Seitenschwerter. So kann man sich bei ablaufendem Wasser einfach über eine Untiefe bewegen und ankern. Dann wartet man, bis das Wasser verschwunden ist – fertig. Aussteigen, Wattwandern, Muscheln suchen u.s.w.  
Die Energieecke Hollands: Tausende von Kilo Watt
Und wenn man so eifrige Sammler hat wie wir, gibt’s nach der Rückkehr aufs Schiff eine Auswahl von Muscheln verschiedenster Formen, kurz geschwenkt in heißem Olivenöl, kleingeschnittenen Zwiebeln, Knoblauch und Kräutern. Dazu etwas Brot und Weißwein: da lasse ich jedes Sterne-Restaurant an Backbord für liegen!



Auch ein nettes Zwischendurch: der Besuch der Mastspitze! Mit dem Bootsmanns-Stuhl um den Wanst geschnallt geht es dank intensiver Arbeit der unten Stehenden am Flaschenzug langsam nach oben:  Photographen nach vorne! Für Nicht-Geübte wohl nur bis Windstärke zwei zu empfehlen…



Was sich auch als Nicht-Wassersportler lohnt, sind Besuche eben dieser angelaufenen Orte: Postkarten-Motive für Fotografen, schöne Häfen, kleine Kneipen mit Live Musik, Restaurants, Spazierwege an der Küste entlang etc. …you name it. Dass es an den Sommer-Wochenenden voll wird, davon kann man allerdings ausgehen.


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