Dienstag, 28. Oktober 2025

Die Überfluss-Generation...

 

 

…sind wir. Und damit meine ich speziell meine Generation der Baby-Boomer (Mitte der Fünfziger bis Ende der Sechziger Jahre).

Auch, wenn sich natürlich über die letzten sechzig Jahre die Einkommenssituation hier und da unterschiedlich entwickelt hat: wir haben einfach alle zu viel „Zeug“ – sei es im Appartement oder in der 300 qm – Villa. Entweder man hat selbst gesammelt oder geerbt.

Beispiel: Bücher. Der Trend zum Hörbuch oder Tablet als Lesequelle lässt alles veralten, was vorher lieb und teuer im Regal stand. Seit gefühlten dreißig Jahren wandern meine Regale eines bekannten schwedischen Möbelherstellers (mit Vornamen) voller Thomas Manns, Sherlock Holmes, Reiseführern, Reparaturbüchern für Oldtimer „jetzt mache ich es selbst“, Bildbände über Kanada, Dan Browns und..und..und mit mir und verkleiden direkt bei Einzug mindestens eine komplette Zimmerwand.

Ein mittlerweile nicht mehr überall akzeptierter Beweis deutschen Kulturinteresses. Nur bei Experten-Talks per Video-Zoom findet sich noch die Bücherwand im Hintergrund und verweist – dezent, aber absichtlich - im wörtlichen Sinn auf intellektuellen Hintergrund. Kürzlich packte mich der Ehrgeiz, nicht zuletzt nach einem Besuch meiner Tochter und Freund in deren Wohnung: erfrischende Leere und Begrenzung auf das Nötige und Sinnvolle. Kaum zurück ging es los: alle alten Schinken, die man nie mehr ansieht, geschweige denn nochmal liest, wanderten in Kisten. Einige Meter laufende Regalbretter sind jetzt leer. Und damit hat man das Problem „Buch im Regal“ stolz in das Problem „Buch im Umzugskarton“ verlagert. Wohin jetzt damit?

Gebrauchtbuchhändler im Netz sträuben sich, Druckwerke anzukaufen, erst recht, wenn diese dank hohen Alters noch nicht einmal eine ISBN-Nummer haben.

Freunden und Verwandten steht die Panik im Blick, wenn man fragt, ob sie wollen??? Bloß nicht – bei mir quillt auch alles über.

Büchertürme zum Tausch laufen schon über, weil keiner tauscht, sondern alle nur den Turm füllen.

Inserate in allen möglichen Versteigerungs-, Verkaufs- und Nachbarschafts-Plattformen verpuffen im Äther.

Mein letzter Trick: das Kunden-Bücherregal bei der von uns genutzten Autowaschanlage – bisher ein Geheimtipp, jetzt dann wohl nicht mehr.

Und so kommt man sich manchmal wie ein Bücherverbrenner aus dunkelster Zeit vor, wenn man manche dann tatsächlich im Papiermüll entsorgt. Ich bin für Tipps anderer Art sehr empfänglich!

Für sonstige überaus wertvolle und trotzdem seit zehn Jahren ungenutzt und permanent von links nach rechts geräumte Kostbarkeiten wie Reitstiefel, Kerzenleuchter, Nussknacker, Anzüge aus den 2000er Jahren und das Kaffeeservice von Oma gibt es ja Gott sei Dank so etwas wie Sozialkaufhäuser etc.

Und zum Schluss an alle: wer hat Interesse an einem Meter klassischen LPs? Von Bach bis Wagner findet sich alles, was mein Vater so sammelte.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

MEINE Reitstiefel, MEINE Kerzenleuchter, Nussknacker, und MEIN Kaffeeservice von Oma möchte ich bitte behalten.

Anonym hat gesagt…

Sehr gut geschrieben, genau so ist es.