Italienische Autofahrer haben ja von jeher den Ruf
weg, sich auf einer Ebene der Straßen-Beherrschung wie Franzosen zu bewegen: je
lauter die Hupe desto biegsamer die Regel.
Ich bin in Aachen groß geworden und
da gab es in den Siebzigern noch dieselbe Imagewerbung für die Belgier, weil sie
angeblich den Führerschein nach einem Wochenende bescheinigten aufmerksamen
Beifahrens ohne Alkohol überreicht bekamen. Beim Anblick von roten
Nummernschildern (vor oder hinter einem) fuhr man lieber erst mal rechts ran.
Wer nach Italien will, kommt durch irgendwelche
Tunnel. Diese haben eine doppelte (!!) durchgezogene Linie in der
Fahrbahnmitte, mindestens alle zweihundert Meter ein beleuchtetes 50km/h oder
80 km/h Schild und den deutlichen Hinweis, erstens jetzt endlich langsam zu
fahren oder zweitens beim geblitzt werden nett zu lächeln.
Frisch mit 55,5 km/h (ein bisschen Spiel ist ja auch
hier immer) in einen solchen dunklen, engen, langen, lauten Tunnel eingefahren,
wunderte es mich als tapferer Teutonen-Tourist nicht wenig, als mich erst mal
ein Horde Ducatis ohne Schalldämpfer und ein paar Alfas (rot natürlich) mit
einem Geheul rechts quasi stehen ließen, dass ich meinte, ein Flattern meiner
Scheibenwischer bemerkt zu haben. (Kann Gummi Angst haben?).
Anscheinend gehen Tifosi in Kenntnis ihrer
Staatsführung davon aus, dass Hinweisschilder, um aus der Euroschulden-Krise
wieder raus zu kommen, aus Kostengründen einfach aus recycelten Pizzablechen
bestehen, und davon hat man ja eh zu viele. Also: gar nicht ignorieren. Und die
Doppel-Linien am Boden werden wohlwollend unter „Kunst am Tunnel“ verbucht.
Nach zwei Wochen aktiver Teilnahme am Verkehr auf
dem Stiefel muss ich Abbitte leisten. Vielmehr stelle ich fest, dass gewisse
Akklimatisierungs-Prozesse meinerseits zu notieren sind.
Im Zuge der späteren Roadster Touren durchs äußerst
schöne und kurvenreiche Chianti entwickelte sich mein Fahrstil von Tag zu Tag
ins Mediterrane. Bleche und Linien wurden wohlwollend zur Kenntnis genommen und
an die aktuell zu beobachtende Verkehrslage angepasst; das versteht man so
ungefähr qua definitionem unter Intelligenz, und wer will sich da ausschließen?
Und so kommt der Tag, an dem man den ersten blöden Touristen aus Emden überholt,
weil der da so kriecht, nur weil ein Schild ihm das sagt.
Eine ergänzende Mitleidsbekundung mit den
italienischen Autofahrern sei erlaubt: wer je über italienische Brücken der Autostrada
fuhr und die aus Deutschland bekannten, aber selten als störend erlebten
Dehnungsfugen überfuhr, der meint an denen im Süden nachweisen zu können, dass
die Kontinentaldrift eindeutig noch nicht beendet ist. Es sollen in diesen Lücken
auch schon 500er FIAT verschwunden sein.
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