Das
Postfach füllt sich nach mehreren Jahren meiner Internet-Existenz ungewollt und
automatisch mit immer mehr Reise-Werbung, Liebeserklärungen
anlehnungs-bedürftiger Kenianerinnen, Spam und Newslettern, Millionengewinnen,
100.000$ - Jobangeboten und Erbschaftsauszahlungen aus Zimbabwe so dass man
Angst haben muss, das wirklich Wichtige geht längst mit unter.
Durch
den zweiten Pott Kaffee heute entsprechend wachgerüttelt, kommt mir der
Gedanke, mal wieder durchzulüften im Gebälk. "Newsletter abbestellen"
heißt die Devise. Auf sie mit Geklicke.
Ein
Prozedere, was nicht nur gute Augen verlangt, will man unter 50 Zeilen
Impressum, möglichen Adressänderungskästchen, Patentnummern des Inhabers und
ähnlich für mich essenziell wichtigen Informationen den einen Satz finden, der
da heißt „Newsletter abbestellen“. Nein, außer der Fähigkeit, 6 – Punkt Schrift
freihändig zu entziffern, braucht es auch Geduld.
Das
Beispiel einer Fluglinie sei beschrieben: anfangs von Fernweh geplagt, buchte
ich diese Infos als ein Gemisch aus „Istanbul für 60,-€“, „Urlaub mit den
Wüstensöhnen“ und ähnlich verheißungsvollen Angeboten. Bunte Bilder lassen
einen den tristen Bildschirmalltag kurz vergessen und man taucht gedanklich ein
in das Salzwasser, welches brausend an die stets sonnigen Gestade Venezuelas
gleitet.
Dann
aber wird es mit der Zeit zuviel Urlaub. Jeden Tag kommt so ein verlockendes
Angebot und die Papierkörbe, die ich leeren muss, nerven nur noch. Gesagt,
getan – jetzt wird er abbestellt, der Letter.
Gewusst
wo; ich sagte es ja bereits. Nun, in diesem Fall geschickt zwischen den letzten
Südtirol-Pauschalen (mit eigener Anreise) und dem bestbewerteten Hotel der
südlichen Mongolei untergebracht: mein begehrter link.
Ein
Klick, und man denkt: geschafft! Man ist ja auch dumm.
Ich
lande auf einer Seite, wo eine durchaus sympathische rot-weiß gekleidete
Stewardess lächelnd ein Schild hochhält, welches als pull-down Menü ungefähr 15
Varianten des Begehrs mir zur Verfügung stellt. Buchung/Reservierung/
Adressänderung/Meilenkarte anfordern/Privatnummer der Stewardess/ein Pfund
Heringssalat/Bildschirm schwärzen/Maniküre mit Palmolive…endlich: als letztes gibt’s
die Abbestellung. Man kommt sich vor wie der allererste Besucher, der es
tatsächlich w a g t, die doch kostenlos und gut gemeinten Infos ungewürdigt zu
zerknüllen, aussätzig eben.
Mutig
klicke ich drauf. Und jetzt? Eine Weiterleitung. „Ihr Wunsch ist uns Befehl.
Und obwohl Sie wirklich als Fazit den Abschaum der deutschen
Touristik-Zielgruppe repräsentieren, halten wir uns natürlich an Ihren Wunsch.
Aber kommen Sie uns bloß nicht nochmal mit irgendwelchen Anfragen! Sämtliche so begehrte Super-Chill-Angebote
auf den Färöern oder sogar die Postschiff-Reise nach Feuerland mit 105%
Weiterempfehlungs-Quote in der Außenkabine mit Elektro-Kamin sind leider ab sofort für
Sie gesperrt! Wollen Sie das wirklich?“
Ich
wähle aus
- einem
15 Punkt großen „Nein, um Gottes Willen, ich bitte um Verzeihung und möchte
wieder in Ihren Schoß zurück. Zum Dank buche ich sofort die 3-Tages-Einweihungstour
der AIDA 12 rund um Helgoland mit Robben-Animation inclusive“,
- einem
10 Punkt großen Button „Natürlich haben Sie Recht, aber momentan habe ich kein
Geld mehr und meine Frau möchte nur noch Schuhe Kaufen. Vielleicht komme ich
morgen wieder auf Sie zu“
- und
einem letzten Knopf in 5 Punkt-Schrift „Ja, Ihre Drohungen können mich mal. Ich
kenne Ihren Chef und zahle auch schon keine Kirchensteuer mehr, rauche heimlich
und gucke auf you tube die Wiener Sängerknaben. Da macht das auch nichts mehr.“
Als
ich den letzten Knopf drücke, kommt eine in Grau gehaltene Seite mit schwarzer
Schleife und dem Hinweis, dass man mir nun eine letzte Mail auf die denen
bekannte Adresse sendet. Dort muss ich dann nur den eingebauten link noch
bestätigen und werde ab sofort nicht mehr berücksichtigt, selbst wenn man eine
Schlafmaske für Überlandflüge mit Air Bonn gewinnen kann.
Das
schaffe ich dann doch nicht. Machen wir halt den Papierkorb einmal mehr leer.
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