Donnerstag, 24. April 2014

Der Letter mit den News



Das Postfach füllt sich nach mehreren Jahren meiner Internet-Existenz ungewollt und automatisch mit immer mehr Reise-Werbung, Liebeserklärungen anlehnungs-bedürftiger Kenianerinnen, Spam und Newslettern, Millionengewinnen, 100.000$ - Jobangeboten und Erbschaftsauszahlungen aus Zimbabwe so dass man Angst haben muss, das wirklich Wichtige geht längst mit unter.
Durch den zweiten Pott Kaffee heute entsprechend wachgerüttelt, kommt mir der Gedanke, mal wieder durchzulüften im Gebälk. "Newsletter abbestellen" heißt die Devise. Auf sie mit Geklicke.
Ein Prozedere, was nicht nur gute Augen verlangt, will man unter 50 Zeilen Impressum, möglichen Adressänderungskästchen, Patentnummern des Inhabers und ähnlich für mich essenziell wichtigen Informationen den einen Satz finden, der da heißt „Newsletter abbestellen“. Nein, außer der Fähigkeit, 6 – Punkt Schrift freihändig zu entziffern, braucht es auch Geduld.
Das Beispiel einer Fluglinie sei beschrieben: anfangs von Fernweh geplagt, buchte ich diese Infos als ein Gemisch aus „Istanbul für 60,-€“, „Urlaub mit den Wüstensöhnen“ und ähnlich verheißungsvollen Angeboten. Bunte Bilder lassen einen den tristen Bildschirmalltag kurz vergessen und man taucht gedanklich ein in das Salzwasser, welches brausend an die stets sonnigen Gestade Venezuelas gleitet.
Dann aber wird es mit der Zeit zuviel Urlaub. Jeden Tag kommt so ein verlockendes Angebot und die Papierkörbe, die ich leeren muss, nerven nur noch. Gesagt, getan – jetzt wird er abbestellt, der Letter.
Gewusst wo; ich sagte es ja bereits. Nun, in diesem Fall geschickt zwischen den letzten Südtirol-Pauschalen (mit eigener Anreise) und dem bestbewerteten Hotel der südlichen Mongolei untergebracht: mein begehrter link.
Ein Klick, und man denkt: geschafft! Man ist ja auch dumm.
Ich lande auf einer Seite, wo eine durchaus sympathische rot-weiß gekleidete Stewardess lächelnd ein Schild hochhält, welches als pull-down Menü ungefähr 15 Varianten des Begehrs mir zur Verfügung stellt. Buchung/Reservierung/ Adressänderung/Meilenkarte anfordern/Privatnummer der Stewardess/ein Pfund Heringssalat/Bildschirm schwärzen/Maniküre mit Palmolive…endlich: als letztes gibt’s die Abbestellung. Man kommt sich vor wie der allererste Besucher, der es tatsächlich w a g t, die doch kostenlos und gut gemeinten Infos ungewürdigt zu zerknüllen, aussätzig eben.

Mutig klicke ich drauf. Und jetzt? Eine Weiterleitung. „Ihr Wunsch ist uns Befehl. Und obwohl Sie wirklich als Fazit den Abschaum der deutschen Touristik-Zielgruppe repräsentieren, halten wir uns natürlich an Ihren Wunsch. Aber kommen Sie uns bloß nicht nochmal mit irgendwelchen  Anfragen! Sämtliche so begehrte Super-Chill-Angebote auf den Färöern oder sogar die Postschiff-Reise nach Feuerland mit 105% Weiterempfehlungs-Quote in der Außenkabine mit Elektro-Kamin sind leider ab sofort für Sie gesperrt! Wollen Sie das wirklich?“

Ich wähle aus

- einem 15 Punkt großen „Nein, um Gottes Willen, ich bitte um Verzeihung und möchte wieder in Ihren Schoß zurück. Zum Dank buche ich sofort die 3-Tages-Einweihungstour der AIDA 12 rund um Helgoland mit Robben-Animation inclusive“,
- einem 10 Punkt großen Button „Natürlich haben Sie Recht, aber momentan habe ich kein Geld mehr und meine Frau möchte nur noch Schuhe Kaufen. Vielleicht komme ich morgen wieder auf Sie zu“
- und einem letzten Knopf in 5 Punkt-Schrift „Ja, Ihre Drohungen können mich mal. Ich kenne Ihren Chef und zahle auch schon keine Kirchensteuer mehr, rauche heimlich und gucke auf you tube die Wiener Sängerknaben. Da macht das auch nichts mehr.“
Als ich den letzten Knopf drücke, kommt eine in Grau gehaltene Seite mit schwarzer Schleife und dem Hinweis, dass man mir nun eine letzte Mail auf die denen bekannte Adresse sendet. Dort muss ich dann nur den eingebauten link noch bestätigen und werde ab sofort nicht mehr berücksichtigt, selbst wenn man eine Schlafmaske für Überlandflüge mit Air Bonn gewinnen kann.
Das schaffe ich dann doch nicht. Machen wir halt den Papierkorb einmal mehr leer.

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