Reisen in Deutschland kann so
einfach sein. Man steigt am Start in den Flieger / Zug / Wagen und am Ende aus.
Präzise, wie wir Deutschen ja nun mal sind, ist ein Fahrplan genau, die Bahn
pünktlich und das Ziel leicht zu erreichen. Bei so vielen Euphemismen streikt
schon fast meine Tastatur ( sie hat das Recht dazu, sie kommt ja auch aus China
), daher komme ich jetzt lieber mit der Realität.
Ende Mai, Frankfurt Flughafen,
morgens um 9.20 Uhr. Der Schreiber dieser Zeilen hat es nach zehn Stunden
Langstreckenflug ohne Schlaf – das Warum erkläre ich ein anderes Mal –
bemerkenswert schnell durch Zoll und Gepäckbänder zum Flughafen-Bahnhof geschafft. Der erste Fahrplan (hochmoderner LED-Bildschirm mit zwei Metern
Diagonale und sich ständig selbst aktualisierenden Abfahrten) steht seit gestern
Abend 23.15 Uhr anscheinend still und sagt seitdem nichts Neues mehr. Eine
Gruppe arabischer Geschäftsleute sucht verwirrt den Info Point.
Ich bewege meinen 21,6 kg
Rollkoffer (soviel wog er zumindest beim Einchecken) plus Rucksack und
Fototasche und mich müde weiter, bis ich an den guten alten ausgedruckten Papier-Fahrplänen
der DB ankomme. Ich erkenne, dass mein ICE in drei Minuten von Gleis 2 über
Düsseldorf nach Hamburg startet. Ein
Kurzsprint lässt mich durchgeschwitzt gerade rechtzeitig zur Einfahrt des Zuges
mit einem Glücksgefühl am Bahnsteig ankommen.
Fensterplatz, Abfahrt. Die ICE´s
halten nicht sehr häufig auf dieser Strecke, begrüßen aber nach einem Zwischenstopp mit Computerstimme höflich
jeden neuen Gast. Die ersten beiden Male hört man noch nicht hin, weil man –
home again – erstmal allen, die es gar nicht wissen wollen, smst oder whats
apped, dass man wieder da ist. Erst als wir in Koblenz, glaub ich, halten,
fällt mir die Stimme auf: „Im Namen der deutschen Bundesbahn begrüße ich unsere
neu zugestiegenen Fahrgäste im ICE auf unserer Fahrt von Frankfurt Richtung
München.“ Ein kurzer Schock – ich sitze im falschen Zug! – durchzuckt mich.
Selbstzweifel folgen: wenn man das Schild „Hauptbahnhof Koblenz“ gerade beim
Verlassen des Bahnhofs vor Augen hatte und von Frankfurt gestartet ist, kann
irgendwas nicht stimmen. Solche Umwege macht nicht mal die DB. Eine einfache
Lösung: der Computer hat die falsche Begrüßung eingelegt.
Ein mir gegenüber sitzendes
japanisches Ehepaar scheint zwar etwas Deutsch zu verstehen, ist aber
offensichtlich momentan geografisch doch stark überfordert. Der Vater beugt
sich über den Tisch zu mir und fragt ängstlich: „ Ssug hier – nicht gehen das
Ambulg?“ Als ich ihm dann erkläre,
dass der Zug zwar doch nach Hamburg fährt,
aber die Festplatte Blödsinn erzählt, ist er beruhigt. Ich meine aber zu
erkennen, wie hinter seiner Stirn das
Image vom präzisen, korrekten Deutschen zu bröseln beginnt.
Materieller Schaden gleich Null,
aber auch hier wurde durch unseren Gleis-Monopolisten wieder ein Baustein
gesetzt, der dann im Land der Morgenröte erzählt wird als: „ Schöne Züge, aber
die wissen nicht, wohin sie fahren.“
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