Im Trott geh ich durch die gefliesten Gänge, den Wagen vor mir
herschiebend. Ich arbeite den „Müllsäcke, Milch, Aufschnitt, Eier“-Zettel ab
und frage mich jedes Mal aufs Neue, warum es bei Aldi einen Verkaufsgang zu wenig
(oder zu viel) gibt. Einen muss man immer doppelt laufen.
Als alles im Drahtverhau ist, kommt das Einfädeln zum
Bezahlen. Das „Wir öffnen Kasse drei für Sie“ - Jingle führt dazu,
dass eine kleine, deutlich betagte Oma vor mir bei Kasse drei anlandet. Sie ist
mit Einkaufsrolltasche und Aldi-Wagen gleichzeitig logistisch
überlastet. Bevor sie die Schnittblumen (Strauß, 2,99€) vor der Kasse mit den mobilen
Einkaufshelfern komplett vom Regal kippt, springe ich kurz ein und rette das
Nötigste. Da sie vorne in der Zeit ihre beiden Weinflaschen und eine Packung
Gouda aufs Band legt, bemerkt sie davon aber nichts.
Es dauert alles etwas länger bei ihr und so habe ich Zeit,
sie anzusehen. Einfache, saubere Kleidung, Gesundheitsschuhe, geschätztes Alter
um die achtzig, munter aber eben langsam. Bis dahin sah ich sie nur von hinten.
Der fitnessgestählte Filialleiter-Anwärter an
der Kasse sagt ihr die Summe, aber sie hört erstmal nichts. Er wiederholt und sie
fängt an, in ihrem Roller lange nach dem Portemonnaie zu suchen. Ein Rumoren
geht hinter mir durch die Schlange; ich warte förmlich auf den ersten Satz wie „Das konnte ja auch keiner ahnen, dass man da
vorne bezahlen muss.“ Mittlerweile hält sie dem Kassierer vertrauensvoll ihren
offenen Geldbeutel hin, lächelt ihn an und er nimmt die abgezählte Summe
heraus, weil sie es nicht gut sieht. Sie
dankt ihm sehr freundlich, steckt die Börse ein und fängt langsam an, alles
einzuräumen. Ein Vorgang, wie er sich fast bei jedem Einkauf vor mir – nie hinter
mir - ereignet. Von dem Murren und Geraunze hinter mir bekommt sie dank
Hörschwäche nichts mit, ist vielmehr auch komplett in Gedanken versunken.
Sie wendet sich ab, vergisst eine der Weinflaschen an der
Kasse. Ich nehme sie kurz, tippe die Dame an und gebe ihr die Flasche. In
diesem Moment zeigt sie mir ihr Gesicht, strahlt mich wahnsinnig herzlich an
und sagt voller Dankbarkeit, als wäre damit alles erklärt: „Ich werde nämlich
morgen einundneunzig!“
Ich habe so lange Zeit, diesen Blick zu genießen, bis es von
der Seite wieder heißt: „Bar oder Karte?“
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