Freitag, 25. Juli 2014

Post aus dem Weltbad



Ja, da staunt ihr? So ging es mir auch. Als Mittfünfziger, der meint, die (vor-)letzten Trends in Sachen Kommunikations-Technologie nun halbwegs begriffen und in die Alltäglichkeit eingepflanzt zu haben, staunte ich gestern nicht schlecht, als nach gefühlten hundert Jahren mal wieder eine echte Postkarte im Kasten lag (außer der von meiner Tochter im Mai aus Afrika: von da w i l l man auch ´ne Karte, wegen der schönen Bilder). Ich dachte schon, dieser ehemals goldene Einkommens-Zweig der Touristik-Industrie läge in den letzten Zügen (Achtung, hier kam ein Bonmot!).
Aber aus dem „Weltbad Bad Nauheim“: Ho ho ho…das hat man nicht oft! Nun war der Text auf der Rückseite nicht weiter bedeutungsvoll und man wäre auch überrascht, wenn sich dort auf einmal die große Lyrik abspielt. Auch die Briefmarke - eine echte mit Schloss Glücksburg drauf - zog mein Interesse nicht weiter an. Das Thema habe ich abgehakt, seit ich einem Stabs-Unteroffizier beim Bund meine sehr bruckstückhafte Sammlung für nen Hunni aus chronischem Geldmangel verkauft habe.
Vielmehr finde ich den Titel toll. Weltbad! Was, bitte, ist ein Weltbad? Wir fragen Wikipedia und bekommen: nichts! Aber den Hinweis auf einen Stummfilm von 1926 mit dem bezeichnenden Titel „Die Königin des Weltbads“. Dummerweise und für Bad Nauheim nun gar nicht entlastend spielt der Film in Baden Baden. Darf sich also Baden Baden Weltbad nennen, nur weil die Leute in Baden Baden baden?
Womit sich erstens die Frage stellt, ob es mehrere Weltbäder gibt, weil die eben alle auf derselben Welt sind, und wieso sie so heißen (dürfen). Oder sind es solche, weil die Welt zu Gast kommt? Putin in Bad Nauheim? Mit nacktem Oberkörper als Kurschatten-Jäger? Wenn es also einfach so erlaubt ist, könnte ich mein Badezimmer ja auch mal für eine Saison so nennen und mein noch drohendes Rentenproblem innerhalb von wenigen Wochen als solches dank Kurtaxe, Eintritt, Badekappen-Verleih oder Rollator-Parkplätzen gegen Gebühr eliminieren.
Ich stelle eine Palme auf, ziehe einen weißen Kittel über, verteile Mineralwasser aus der Erkrather Quelle im Neandertal und gebe Kurkonzerte. Gut, vielleicht besser Lese-Abende…
Und am Ausgang verkaufe ich Postkarten. Und Briefmarken mit Schloss Glücksburg drauf.

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