Kreationen aller Art in der Küche können gut und schief gehen. Besonders die Szene aus "Vier Hochzeiten und ein Todesfall" , bei der Matthew in seiner Trauerrede das spezielle Rezept des verstorbenen Gareth (Wildschwein in Marzipan war es, glaube ich) noch einmal Revue passieren läßt, macht dies in punkto "schief" hinreichend deutlich.
Trotzdem vertraue ich , wenn ich abends in den Kühlschrank sehe und mal wieder nichts eingekauft habe, auf kreative Zellen und Begeisterung in mir. Irgendwas kommt immer dabei raus, wenn man Vorhandenes mischt. Oft schmeckt es sogar!
Natürlich gebietet eine gewisse Zurückhaltung das Zusammenführen von Zutaten wie etwa Matjes, Karamelsauce und Chiliflocken...wobei - jetzt, wo ich es so schreibe...- ich schweife ab.
Auch würde ich als Gast im Restaurant über Schweinebraten mit Hummer auf der Karte eher hinweglesen. Also: ich sehe mich als einen tendenziell konservativen Esser, der Sauerbraten mit Rosinen nur deswegen gerne isst, weil er dies von früher kennt. Wer in Aachen groß wird, weiss Bescheid.
Mein Vater kann - und da wird er nicht böse, wenn er das liest - nicht kochen. Wobei ich das schon wieder relativieren muss, denn Espresso und Eier klappen.
Aber ich erinnere mich an Zeiten - es muß um 1970 gewesen sein - wo er in einem Anflug von Kreativität meiner Mutter und mir eines Abends "Tapezierschnittchen" servierte. Es gab auf dem Teller ein Sammelsurium von Schnittchen und Zutaten, die er - Stichwort "kalte Küche"- zu Gebilden ( z.B. ein Lagerfeuer aus halben Salzstangen) drapierte, an die ich mich heute noch erinnere. Er stürzte sich schlicht auf Zutaten, die am Tag x der Kühlschrank hergab.
Und so habe ich die Liste der Dinge, die IMMER im Haus sein sollten, eigentlich im Kopf (nein, keine Salzstangen). Pasta, Reis (immer den, der 10 Minuten kochen muss, dann muss ich nicht umdenken), Tomatenmark, Zwiebeln (gerne die spanischen Gemüsezwiebeln), Gewürze, frische Kräuter (Schnittlauch, Basilikum, Rosmarin...), Speck, Milch, Sahne, Grappa (wenn es schmeckt und wenn es gar nicht schmeckt), Olivenöl (importiert im 5 l-Kanister vom Berg Athos, weil da nur die Esel an den Baum gepieselt haben). Alles andere wie Tomaten, Fleisch aller Art, frisches Gemüse, Pilze oder Fischiges und so bringt dann quasi die Varianz in die Statistik. Innereien gehen, ebenso wie Austern, gar nicht.
Rotwein muss natürlich auch immer greifbar sein. Aus den verschiedensten Gründen und daher auch in den verschiedensten Preisklassen. Der Traum vom muffigen, mit Kerzen erhellten Keller und gemauerten Regalen aus dem 16. Jahrhundert hat sich bisher noch nicht erfüllt. Daher ist es eben ein Regal ohne Kerzen.
Meine Mutter konnte kochen. Als ich zwölf oder so war, saß ich bei ihr in der Küche auf dem Schrank neben dem Herd, liess die Beine baumeln und lernte neben den normalen Gerichten wie Schweinebraten oder Hefeklöße ( Toast Hawaii kam glaube ich gerade auf) Dinge wie Biersuppe, Mulligatawny Soup, Piroggen und Rotweinkuchen. Wenn ich etwas von ihr behalten habe, dann, dass an alles, was man essen kann, zur Verfeinerung eine Prise Zucker gehört.
Ein Kästchen mit handgeschriebenen Rezepten steht gerade neben mir und ich staune.
1 Kommentar:
Sehr schön geschrieben.
Und Improvisation hat noch keinem Rezept geschadet. Im Gegenteil: Manchmal wünschte ich mir im Nachhinein, notiert zu haben, was denn da nun ins Sößchen, den Auflauf oder das Risotto gewandert ist.
Schöne Grüße vom Kochzivilisten
;-)
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