Montag, 8. Juni 2020

Der Mini...ein Schelm, der dabei an Röcke denkt.


Klar, beides waren Kopfverdreher - zu ihrer Zeit. Der eine brachte wegen des für damalige Verhältnisse relativ hoch angesiedelten Rocksaumes Fahrer des anderen sicher öfter zu einer Beinah-Kollision mit allem, was auf britischen Straßen so umherfuhr – und dann noch auf der falschen Seite!


Hier geht es aber um den zweiten.


Mini…selten hat sich ein Name so lange gehalten und ist heute so unpassend geworden. Nicht falsch verstehen: wenn er heute als Neuvorstellung auf dem Markt der Automobile erscheinen würde, wie er denn jetzt so dasteht mit seinen um die vier Meter Kantenlänge: ich finde ihn gut. Bietet immer noch ein gewisses Maß an Knuffigkeit und sicher dank BMW eine entsprechende Technik. Aber der Name?

Zugegeben, ich stamme aus der Zeit der Siebziger Jahre Dinosaurier, trauere in manchem dieser Zeit nach – speziell dem Design gewisser Automarken und             -typen. 
Welches Auto auf den Straßen hat heute noch ein Gesicht? Ich würde um eine Dieselfüllung wetten, dass man manche Pkw-Marken nicht mehr erkennt, wenn man die Embleme abschraubt. Das wäre einem Käfer- (Kadett-, Taunus-, …you name it) Fahrer nicht passiert.

Die Herstellung dieser Ikonen waren noch weit entfernt von der Existenz der berühmten „Halle 54“ von VW, einem Bau, der die Zusammenschraub-Arie der fahrbaren Endprodukte ab Anfang der Achtziger mehr und mehr den vollautomatischen, computergesteuerten, einarmigen – und weil Arbeitsplätze klauend – Banditen überließ.


Ich war zu dieser Zeit im Marketing des – noch - eigenständigen Rover / Land Rover Konzerns tätig, hatte die Vorstellung des damals "bahnbrechend" neuen Range Rovers in Deutschland mit zu geleiten (wenn man ein Modell nach 26 Jahren Marktreife neu rausbringt, ist alles bahnbrechend...). und durfte zur Einführung und zum besseren Job-Verstehen eine Tour durch die Schrauber-Zentren von Rover incl. der Montagehallen des Mini in Longbridge erleben. 

Genauigkeit, schwäbische Technik, einwandfreie Spaltmaße, Qualität …das war hier – oh, Verzeihung, falscher Text. 


Eine Halle, die man in Deutschland auch als Werkstätte eines größeren freischaffenden Meister-Fricklers einsortiert hätte, öffnete sich dem neugierigen Betrachter (mir). Verdreckte Betonböden, herumliegende Lappen, Werkzeug zur freien Verfügung überall verstreut, teilweise ausgelaufene Ölkannen mit entsprechenden Flecken und Arbeiter, die auch aus der Zeche Prosper Haniel hätten stammen können.


Als Höhepunkt: die Qualitätskontrolle. Hier wurden, ganz am Ende des Montagebandes, sämtliche Spaltmaße, also die sichtbaren Zwischenräume der fertig lackierten Karosserie-Bleche, korrigiert. Ein Fehler, der in Deutschland, da so gut wie kaumstens vorkommend, mit Lupe, Lineal und Wachsstift von einem sauber in Weiß bekittelten Dipl.-Ing. auf dem entsprechenden Blech vorsichtig markiert wurde. Das Fahrzeug wurde aus dem Band geholt und ganz vorne zur Korrektur mit einer freundlichen Ermahnung an die dort Arbeitenden wieder eingereiht. 


Nicht so in Good Old Britain.


Der Mini rollte vom Band, ein Blaukittel  mit filterloser John Player Kippe im Mundwinkel sah ihn sich von vorne und der Seite an, ging prüfend auf die linke Seitentür zu, die selbst aus meinem Blickwinkel eine deutliche Schräglage ausstrahlte. In der linken Hand einen Gummihammer, in der rechten einen dicken Woll-Lappen setzte er den Lappen an einem Stück Tür an und brachte die Tür mit einem gezielten, durch den Lappen gedämpften Hieb in neue Stellung. 
Die Zigarettenasche, die sich durch den Ruck gelöst hatte und aufs polierte Blech rieselte, wurde mit einem Wisch nonchalant beseitigt. Dann nahm er einen Schraubenzieher, öffnete die Tür und zog innen eine Schraube im Scharnier nach. 

Fertig, Haken auf´s Kontrollbrett und Qualitäts-Kleber auf die Scheibe.

Wer sich je wunderte, woher der Begriff „British Elend“ stammte, war hier einer Lösung verdammt nah. 

Aber die Kiste hatte so was von Stil! Go-Kart Qualitäten auf der Teststrecke des Werkes, Traum-Maße zum Einparken im Londoner City-Gewühl und ein Preis, der sich ziemlich am unteren Ende der „Welches Auto kann ich mir leisten“ Skala bewegte. 
Gut, wenn es um Transport-Fragen ging, wendete man sich doch besser an Freunde mit einem richtigen Kofferraum, der den Namen verdiente. Oder man hieß Rowan Atkinson (Insider wissen, was ich meine).

Und so geschah es, dass BMW ihn übernahm. Seitdem wächst und wächst und wächst er.

Heute ist er eben ein Auto. Schön, aber eben kein Mini mehr.

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