Sonntag, 19. Januar 2014

Kaum ist Weihnachten überstanden...



Ei, Ei, Ei .....Rohdaten als Vorboten zeigen sich ab Ende Januar  in allen konsumorientierten Ecken;  dann auch pünktlich wieder der Milka-Hase mit Glöckchen sowie Eier mit unbeschreiblich unleckerer Füllung in schreiend grünen, daher vollkommen praxisleugnenden Papiergras-Nestern.

 Der Markenname „Knickebein“  für solche gefüllten Schoko-Hüllen ist da Programm: ein "Cocktail“ aus Likör und einem rohen Eigelb oder aus Branntwein und Eierlikör. Angeblich leitet sich der Name unter anderem aus der vermeintlichen Wirkung her: Nach Genuss des Getränks knicken die Bein ein.

Als der Sandwirt von Passeier
Innsbruck hat im Sturm genommen,
ließ er sich ein dutzend Eier
und ein dutzend Schnäpse kommen,
machte daraus eine Mischung
schlürft' sie mit Behagen ein.
Seitdem nennt man die Erfrischung
in ganz Deutschland Knickebein

Stolz war ich, wenn ich damals als noch permanent Heranwachsender solche - von Verwandten erstmals angebotene - Laborprodukte probieren durfte.
Der immer dazu gesagte Satz: "Aber Vorsicht, da ist Alkohol drin!" ließ einen noch in wohliger Erwartung eines Genusses aus der Abteilung "Ursprünglich verboten - jetzt auch für mich erlebbar" erschauern. Erschauern mußte man danach auch, allerdings vor Grusel. Sowas mochten Erwachsene?

 Ich danke allen spirituellen Geistern, daß sie mich über die Jahre in mühevollen Testreihen davon überzeugen konnten, daß es am anderen Ende der Geschmacks-Skala durchaus lobenswerte Ingredienzien gibt. Aber ich schweife ab...
Hasen und Eier, eine Kombination und Geschichte für sich. Georg Franck von Frankenau schildert 1682 einen Brauch aus Westfalen, „dass der Osterhase die Eier in Gärten im Gras und Gesträuch versteckt, wo sie zur Freude und Belustigung der Erwachsenen von den Kindern gesucht werden.“ Dass der Osterhase die Eier verstecke, nennt er „eine Fabel, die man Simpeln und Kindern aufbindet“. 
Aber nicht nur Konsum ist angesagt! Nein, auch Eigeninitiative ist in Kindergärten und bei vorösterlichen Familien-Sonntagen gefragt. Ein für die Erziehungsberechtigten willkommener Grund, Computerspiele wie „Rabbit-Kill“ und „Egg-Smashing III“ mal kurzfristig zu verbieten und sich um den Wohnzimmertisch mit den alten Pelikan-Farbkästen aus dem Keller an zerbrechliche Hüllen zu wagen, die der Vater (dank angenommenem größten Lungen-Volumen) leeren muss, ohne sie dabei zum Bröseln zu bringen. Nichtraucher-Vorsätze von Sylvester kommen da kurzfristig wieder hoch.

So hängen bis Ostern in vielen Wohnungen deutscher Nation anschließend  bemalte Eier an im Wald geklauten Weidenkätzchen. Steigende Östrogen-Spiegel aller Familienmitglieder in diesen Wochen sind schnell erklärt, müssen doch nicht nur die Hüllen bemalt, sondern auch die Inhalte verzehrt werden.  Zwangsweise gerührte, gespiegelte, gekochte, veromelettete oder zu Osterlämmern verbackene Dotter plus Eigelb lassen einem den Genuss nach ein paar Tagen schon mal sehr relativ erscheinen.
Reste dieser am Ostersonntag vom noch dösenden Ernährer im Garten versteckten Eier werden dann meist beim ersten Rasenmähen des Jahres vom Scherblatt gefunden, geköpft und rigoros im Kompost entsorgt. Sollte das Wetter mal wieder anderes vorhaben und man muß dank Nieselregen oder gar noch klimaverschobenem Schneematsch die geplante Aktion ins Wohnzimmer verlagern, so ärgert sich die Hausfrau garantiert am Ostermontag, wenn Onkel Herbert einen letzten, nicht gefundenen Schmunzelhasen zerquetscht, in dem er sich schwungvoll in die Alcantara-Sitzgruppe fallen läßt.
Gerüchte, dass manch lächelnder Hase auch vorher schon mal als Weihnachtsmann (siehe „Fest der Liebe“) verkleidet im Advents-Markt von Galeria Kaufhof lag, haben sich bisher nicht verifizieren lassen, halten sich aber seit Generationen.
Hier geht´s zurück:
 https://autoren-adventskalender.de/

Freitag, 17. Januar 2014

Im Jahr ist noch was übrig



Eine lockere Folge von Überlegungen zum Thema Konsum und Feiertagen im Kalenderjahr

Als bekennender Weihnachts-Phobiker freue ich mich immer, wenn die bedenkliche Zeit - nein, besinnliche natürlich -vorbei ist und man sich wieder vermeintlich normal in Innenstädten bewegen kann. Doch nach dem Verböllern von Millionen Raketen, die auf´s Zerplatzen unmittelbar nach dem Start programmiert sind ( nicht von der NASA gesponsert) , meint man das ab dem 1.1. nur. Handel und Gastronomie übertreffen sich im anlaufenden Jahr gegenseitig in dem Bestreben, uns die Dringlichkeit von künstlich und kirchlich geschaffenen Höhepunkten mit allen Tricks nahezubringen und so auch hartnäckig schon seit Sylvester gehegte Vorsätze (kein Alkohol nach 12, kein Fernsehen vor 8, keine Drogen vor 16, kein IKEA am Samstag  etc.) als zart-keimende (Bio-)Pflanze zu zerstampfen.

Es beginnt – hätten Sie nicht gedacht? – mit der nachsylvesterlichen Periode des schwedischen Möbelhauses, bei dem dann in der Werbung früher alle ihren Weihnachtsbaum aus dem Fenster warfen. KNUT heißt das dann – wie der Eisbär, nur ohne Bär. Und man hat bis 13.1. (St. Knuts Tag nämlich) eines jeden neuen Jahres die Pflicht, erstens den Weihnachtsbäumen rechtzeitig auszuweichen und zweitens sich in die neu aufgeräumten und von allen Elch-Weihnachtskugeln mit Glögg-Geschmack gereinigten blau-gelben Billy- und Köttbullar-Tempel zu begeben, um neue wichtige Einkäufe wie EKTORPS, KLIPPANS und POÄNGS zu tätigen - natürlich mit den Gutscheinen, die gerade noch unterm Baum lagen und mit nie mehr so wiederkehrendem Rabatt. Das versichert einem der freundliche Herr, der auch nach gefühlten 20 Jahren Radiowerbung immer noch mit schwedischem Dialekt spricht. Ähnlich wie Chris Howland, nur eben schwedisch.


Kaum ist dies geschafft, muß sich der liebende Gatte, Freund, Lebensabschnitts-Partner oder was auch immer als ähnliche Rolle noch zur Verfügung steht, in der Stadt an Mon Cheri – Pyramiden, Tosca- oder anderen gut-riech Batterien, Fleurop-Attacken und teuer dekorierten Juwelier-Schaufenstern vorbeischleichen, (abends als Wiederholung in der Werbung) und zwar bis zum Tag des Valentin, dem 14.2.
Verwunderlich, dass der Name sich auf einen Märtyrer bezieht?  Nein. Dieser hat sein…yrium wegen einer Enthauptung erlitten und instinktsicher wurde aufgrund dieser Pein von der Kirche ein Gedenktag eingeführt, sozusagen, um sie auf ewig zu konservieren. Und damit kennen sich die Leute ja aus.  Das sollte man sich heute mal auf der Zunge zergehen lassen, und nicht diese Piemont-Kirschen-Drops mit Promille-Schleim und Sommerpause. Man könnte also meinen, Blumenläden oder zumindest Gold Krämer-Filialen wären in kirchlicher Hand. Würde mich gar nicht wundern. Fakten diesbezüglich bitte ich, an mich durchzureichen.

t.b.c.

Donnerstag, 21. November 2013

Blick auf die Generationen



Für wen in der Generationen-Rolle ist der neutrale Blick einfacher: vom Kind auf die Eltern oder von Eltern aufs Kind?

Man packe sich an die eigene Nase. Ein Kind wird – wie alt es auch wird – von Eltern immer und immer weiter als Kind betrachtet. Klar, ich bin stolz, wenn´s wächst und gedeiht, wenn es Erfolge hat, wenn es das Leben meistert. Aber es bleibt: ein Kind. 
Bilder im Kopf, in denen man es an der Hand zum Kindergarten brachte, als es zusammen mit dem Hovawart und der Katze noch ins Hunde-Körbchen paßte, als das Fahrradfahren zum ersten Mal alleine klappte oder der Stolz auf Schritte ins Leben…alles das vernebelt den Blick sicher manchmal auf die aktuelle Situation, nämlich sich selbst klarzumachen, dass da jemand lebt, der es jetzt schon komplett selbst kann. 
Neulich ertappte ich mich dabei, stolz zu sein, dass sie alleine einen Sprinter gefahren ist, als sie mit 22 aus ihrer Studentenbude auszog. Ich hatte irgendwie verdrängt, dass ich in dem Alter mit Ente bis zur Cote d´Azur geheizt bin…Das eigene Leben beginnt (aller-) spätestens im oder nach dem Studium (und wer von uns hätte sich da von Eltern noch was sagen lassen wollen?) und wird weitergehen in Job, Karriere, Hochzeit, Kinder. Vorausgesetzt, man erlebt das noch alles mit – mehr oder weniger nahe dran – wird die Tochter immer eine Generation jünger und „klein“ bleiben.
Und andersrum: Eltern sind immer alt. Sie sind schon alt, wenn man sie kennenlernt und waren für mich niemals jung. Sie zogen sich schon immer alt an, konnten meinen jungen Gedanken in ihrer eigenen Logik nie komplett folgen und wenn man sieht, dass sie wirklich (also wirklich jetzt!) älter werden, sind sie schon sehr alt. O.k., manche Eltern sind schon von Anfang an sehr, sehr alt. Meine weit weniger, aber das System stimmt da auch.

Natürlich ist das bei mir selbst ganz anders! Ich bin sooo ein junger Vater, war es schon immer, konnte immer alles nachvollziehen und bin so ganz anders als das dem Klischee entspricht. Und älter geworden (im Kopf, meine ich) bin ich in den letzten 22 Jahren natürlich nicht. Körperlich, o.k.: Kleiner Bauchansatz, der letzte Marathon liegt 13 Jahre zurück, letzten Monat beim Treppenlaufen gab’s ne Wadenzerrung und der nächste Wagen wird kein Roadster mehr (weil man keinen vernünftigen Kofferraum hat, sag ich dann allen). Und so jung werde ich immer bleiben und mich wundern, warum meine Tochter das gar nicht mitkriegt. Wo sie doch älter wird.

Dienstag, 8. Oktober 2013

35-jähriges Abi-Treffen im "KKG" - autsch!!



"Rollatoren dürfen ausnahmsweise diesmal auf dem Lehrer-Parkplatz geparkt werden". Solches oder Ähnliches erwartet man im Text, wenn die Einladung eines früheren Mit-Abiturienten im Postkasten liegt. Ist eben schon seeehr lange her, denke ich so.
Zugesagt, mitgemacht. Erstaunlich viele Gesellen (es gab nur Jungs damals!) aus dem 78-er Jahrgang sind dabei und treffen sich in der Halle des anscheinend immer noch ehrwürdigen Kaiser-Karls-Gymnasiums Aachen. Vereinzelte Probleme der Gesichts-Zuordnung – das letzte Treffen ist schon wieder ein paar Jahre her -  lösen sich schnell auf und man streunt mit dem ehemaligen Klassenkameraden, jetzt Lehrer und sozusagen „Zeus zwo“ hier an der Schule, durch die Gänge.
Organisatorische Umbauten der letzten drei Komma fünf Jahrzehnte werden kritisch gewürdigt: der alte, hörsaalartige Musiksaal musste einem ebenen Theatersaal mit Bühne weichen, die Bibliothek (ein alter Cicero-Text schlummert immer noch „zufällig“ bei mir zuhause im Regal) wurde zeitgemäß durch einen Computer-Raum und eine Mensa (!) ersetzt. Toiletten gab’s neu, das wurde auch 1978 schon mächtig Zeit…
Was aber geblieben ist: das Gebäude hat Charme, der für mich allerdings eher aus der Architektur-Ecke kommt als aus der Erinnerung an die Räume, in denen die Nachprüfung in der Obertertia stattfand... Er zieht mich als Hobby-Fotograf an: Mosaiken, Rundbögen, Metallarbeiten am Geländer, Fresken, Friese und alte Holztüren im Eingang. 
Ein Gespräch mit Zeus Zwo und Marco, dem Vorstand der Ehemaligen folgt: ja, die Idee eines Kalenders ist erstens gut, zweitens akzeptiert und drittens schon bald in Umsetzung. Mit Stativ, Kamera und Generalschlüssel (!!) bewaffnet ziehe ich ein paar Wochen später lange durchs und ums Gemäuer. Viele Stunden Bildbearbeitung folgen und der Kalender 2014 kann online gehen.
Jetzt wird er bestellt, wie ich sehe, und freu mich. Zwar ein Nischen-Produkt, aber eben ganz nett für die Rollatoren-Mannschaft…. 
Wen es interessiert, der kann rechts auf der Seite reinsehen.

Mittwoch, 4. September 2013

Fachdeutsch



Kneipen, Krankenhäuser und auch Werkstätten haben mehr gemeinsam, als man gemeinhin als Gast, Patient oder Kunde denken könnte. 

Nein, ich meine nicht das konsequent bis zur Perfektion ausgeprägte Gewinnstreben zur Erhaltung der Art. Gemeinsam ist allen der Gebrauch von einem speziellen „Fachdeutsch“.
Alle Umsatzbringer werden in einer fachlich stark reduzierten Art auf das Objekt des geldwerten Vorteils reduziert, mit dem sie hohe Haus bereichern.

Kölner Brauhaus, sechs Mann am Tisch, Bestellungen sind erfolgt, der Köbes kommt mit Tellern voller Essen. Nun ist ein Köbes sowieso schon eine spezielle Art Mensch und erst recht Kellner. Er hat sein Revier bei dem er selbst regiert und für den kompletten Umsatz verantwortlich ist bzw. eben anteilig davon lebt. Insofern ist alles, was aus der Spur läuft, nicht nur ungern gesehen, sondern auch gern kommentiert. Gäste, die Kölsch und Halve Hahn bestellen, werden prompt und gerne bedient. Exoten, die einen „trockenen Rotwein, was haben Sie denn da offen?“ und auch noch eine „Forelle blau, aber statt der Salzkartoffeln bitte Bratkartoffeln und den Salat dazu ohne Tomaten“ bestellen, führen ein anfangs einsames Leben am Tisch. 
Wer Wasser bestellt, bekommt gerne zu hören: “Seife und ein Handtuch dazu?“ Gast: "Herr Ober, bitte ein Dunkel-Bier!" - Köbes zum Zapfer: "Mach mal das Licht aus, hier will einer Dunkel-Bier!"
Aber darauf wollte ich gar nicht hinaus. Gemeinsames der unterschiedlichen Branchen sollte ja genannt werden.
Das Essen kommt also: „Wer war das Kotelett?“ In dem Moment weiß man genau, dass man gemeint ist, auch wenn man sich nicht wie ein Kotelett fühlt. „Hatten Sie das Eisbein?“ Auch in ungeheizter Kneipe Mitte Januar ist das keine einfühlsame Frage nach dem Befinden des Gastes, das ahnt man sofort. Und ich hatte es ja nicht, sondern ich möchte es noch. Aber was soll es, man weiß, was Sache ist.
Visite im Krankenhaus, 9.30 Uhr: die Tür springt auf, gottgleich im weißen Kittel ohne Knick und Fleck: der Professor. Hoheitlich und doch mit einem Klecks Mitleid im Blick (man ist ja Privatpatient); „Sie sind der Blinddarm? Und… wie geht’s?“ „Nein, ich bin Herr Trommer und danke, es geht.“
Kfz Werkstatt, kurz vor Feierabend. Man sitzt vor einer kaputten Kaffeemaschine bei uralten Testberichten der eigenen Marke und im Hintergrund läuft ntv mit Börsen-Untertiteln.
Der Meister kommt auf einen zu und schüttelt die Hand. „Guten Tag, Sie sind der Auspuff?“ Das geht zu weit! Wenn überhaupt, bin ich der Fahrersitz.

Gott sei Dank findet man das noch nicht in allen Sparten. „Hatten Sie die Schweineohren?“ sagte noch keine Bäckerei-Fachverkäuferin zu mir. Sonst käme auch sicher ein: „Nein, die hatte ich nicht, aber Sie sollten mal an ihren arbeiten.“ ...zurück.